21.11.2014

Keine Steuerbefreiung für Subunternehmer von Einrichtungen mit sozialem Charakter

Für die Anerkennung eines Unternehmers als eine Einrichtung mit sozialem Charakter aufgrund der Übernahme der Kosten für seine Leistungen durch Krankenkassen oder andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit (Art. 132 Abs. 1h MwStSystRL) und somit für eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 25 UStG reicht es nicht aus, dass der Unternehmer lediglich als Subunternehmer für eine vom Mitgliedstaat ausdrücklich oder zumindest aufgrund unmittelbarer vertraglicher Beziehungen zu dem örtlichen Träger der Sozialversicherung anerkannte Einrichtung tätig wird.

FG Köln 22.10.2014, 4 K 2056/11
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine 2001 gegründete GmbH, die nach ihrem Gesellschaftsvertrag ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolgt. Der Satzungszweck wird durch Hilfen zur Erziehung nach §§ 27 ff. KJHG, hier insbesondere die Unterhaltung einer Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung für stationäre und ambulante Hilfen, zur Bekämpfung von Verwahrlosung, unter anderem bei Drogenmissbrauch, körperlicher und seelischer Misshandlung, verwirklicht.

Die Klägerin erbringt u.a. Betreuungsleistungen der Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII. Entsprechende Betriebserlaubnisse gem. § 45 SGB VIII sind ihr durch den Landschaftsverband erteilt worden. Die Entgelte für diese Betreuungsleistungen stellte die Klägerin als Subunternehmerin gegenüber der als Trägerin der freien Jugendhilfe nach § 75 i.V.m. § 45 SGB VIII anerkannten A-GbR in Rechnung. Diese rechnete die unter Einschaltung der Klägerin erbrachten Leistungen mit den öffentlichen Trägern der Kinder- und Jugendhilfe ab.

Nach einer Betriebsprüfung kam das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung zu der Ansicht, dass die von der Klägerin im Jahr 2007 erbrachten Leistungen im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII i.H.v. 137.230 € brutto umsatzsteuerpflichtig seien. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung des Art. 132 Abs. 1h MWSTSystRL lägen nicht vor, da die Klägerin keine vom nationalen Gesetzgeber anerkannte Einrichtung mit sozialem Charakter sei. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 25 UStG gelte nicht, wenn - wie im Streitfall - eine Einrichtung als Subunternehmer nicht unmittelbar mit den öffentlichen Trägern abrechne.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Die streitbefangenen Leistungen der Klägerin waren nicht nach § 4 Nr. 25 UStG von der Umsatzsteuer befreit.

Die Befreiung nach § 4 Nr. 25 UStG kam schon deshalb nicht in Betracht, weil die Klägerin keine der in Nr. 25 bezeichneten Tätigkeiten ausführt. Für die begehrte Steuerbefreiung konnte sie sich gerade nicht auf Art. 132 Abs. 1h MwStSystRL berufen. Danach ist die Steuerbefreiung an zwei Voraussetzungen geknüpft, zum einen muss es sich um Leistungen handeln, die eng mit der Kinder- und Jugendbetreuung verbunden sind, was bei der Klägerin noch zutraf. Allerdings sind diese Leistungen nur steuerfrei, wenn sie von "Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen (privaten) Einrichtungen, die von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtung mit im wesentlichen sozialen Charakter anerkannt wurden", erbracht werden. Und diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht.

Art. 132 Abs. 1h MwStSystRL legt die Voraussetzungen und Modalitäten der Anerkennung nicht fest. Es ist daher Sache des innerstaatlichen Rechts jedes Mitgliedstaats, die Regeln aufzustellen, nach denen Einrichtungen die erforderliche Anerkennung gewährt werden kann. Die Mitgliedstaaten verfügen insoweit über ein Ermessen. Es ist darüber hinaus Sache der nationalen Gerichte, anhand aller maßgeblichen Umstände zu bestimmen, ob der Steuerpflichtige eine als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtung i.S.d. Bestimmung ist. Insoweit haben die Gerichte zu prüfen, ob die zuständigen Behörden die Grenzen des ihnen eingeräumten Ermessens unter Beachtung der Grundsätze des Unionsrechts eingehalten haben, zu denen insbesondere der Grundsatz der Gleichbehandlung gehört, der im Mehrwertsteuerbereich im Grundsatz der steuerlichen Neutralität zum Ausdruck kommt.

Für die Anerkennung eines Unternehmers als eine Einrichtung mit sozialem Charakter aufgrund der Übernahme der Kosten für seine Leistungen durch Krankenkassen oder andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit reicht es aber nicht aus, dass der Unternehmer - wie hier - lediglich als Subunternehmer für eine vom Mitgliedstaat ausdrücklich oder zumindest aufgrund unmittelbarer vertraglicher Beziehungen zu dem örtlichen Träger der Sozialversicherung anerkannte Einrichtung tätig wird. Die Anerkennung durch den betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtung mit sozialem Charakter setzt zumindest eine unmittelbare vertragliche - Inhalt, Umfang sowie Verantwortung für die vertragsgemäße Durchführung konkretisierende - Beziehung zwischen diesem bzw. seinen Untergliederungen und dem Unternehmer voraus.

Linkhinweis:

FG Köln online
Zurück