24.08.2012

Keine steuerfreie Kreditgewährung bei echter Factoring-Leistung

Zwar ist die die Gewährung von Krediten nach § 4 Nr. 8a UStG umsatzsteuerfrei. Ein Unternehmer, der Honorarforderungen von Ärzten gegen ihre Patienten unter Übernahme des Ausfallrisikos (sog. echtes Factoring) gegen sofortige Zahlung des vereinbarten Kaufpreises aufkauft, kann sich jedoch auch dann nicht auf eine steuerfrei Kreditgewährung berufen, wenn er in den Kaufpreisvereinbarungen und in den Abrechnungen neben den Factoringgebühren getrennt einen sog. pauschalen Vorfinanzierungszins ausweist.

BFH 15.5.2012, XI R 28/10
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine GmbH, die im Streitjahr 2004 Honorarforderungen von Ärzten gegen ihre Patienten gekauft hatte. Die Ärzte übermittelten die entsprechenden Abrechnungsunterlagen für den einzelnen Patienten an die Klägerin und boten dieser hierdurch die jeweilige Forderung zum Kauf an. Das Kaufangebot galt als angenommen, wenn die Klägerin die Annahme nicht innerhalb von zehn Tagen ablehnte. Nach Eingang der Daten schrieb die Klägerin den Kaufpreis für die Forderung dem bei ihr für den jeweiligen Arzt geführten Konto gut. Lehnte die Klägerin das Kaufangebot ab, wurde das Konto des betroffenen Arztes entsprechend belastet. Mit der Annahme des Kauf- und Abtretungsangebots ging das Risiko der Uneinbringlichkeit begründeter Forderungen grundsätzlich auf die Klägerin über.

Die Klägerin wies in ihren Abrechnungen gegenüber den Ärzten die Gebühren und die Vorfinanzierungszinsen getrennt aus. Sie behandelte in ihren Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die Voranmeldungszeiträume Juli bis Dezember 2004 und in ihrer Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 2004 die Umsätze aus den Forderungskäufen erstmals als (insgesamt) steuerpflichtig. Dies geschah aufgrund des EuGH-Urteils vom 26.6.2003 (C-305/01) und des Folgeurteils des BFH vom 4.9.2003 (V R 34/99) sowie aufgrund des zur Umsetzung dieser Urteile ergangenen BMF-Schreibens vom 3.6.2004.

Die Klägerin beantragte beim Finanzamt die Umsatzsteuerfestsetzung für das Streitjahr 2004 zu ändern und die Entgelte für die Vorfinanzierung steuerfrei zu belassen. Sie war der Ansicht, die Vorfinanzierungsgebühren seien die Gegenleistung für eine nach § 4 Nr. 8a UStG steuerfreie Kreditgewährung. Die Steuerbehörde lehnte diesen Antrag ab. Die hiergegen gerichtete Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.

Die Gründe:
Die Klägerin erbrachte mit dem Erwerb und der Einziehung von Forderungen unter Übernahme des Ausfallrisikos umsatzsteuerbare Leistungen an die Ärzte.

Die Voraussetzungen für eine steuerbare Leistung gegen Entgelt i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG u. Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG sind beim echten Factoring - wie hier - erfüllt, wenn im Zusammenhang mit der Abtretung von Forderungen der Factor den sog. Anschlusskunden (hier: den jeweiligen Arzt) von der Einziehung der Forderungen sowie von dem Risiko ihrer Nichterfüllung entlastet und hierfür eine Vergütung erhält. Dagegen erbringt ein Unternehmer, der auf eigenes Risiko sog. zahlungsgestörte Forderungen zu einem unter ihrem Nennwert liegenden Preis kauft, keine entgeltliche Leistung i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG und Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 77/388/EWG, wenn die Differenz zwischen dem Nennwert dieser Forderungen und deren Kaufpreis den tatsächlichen wirtschaftlichen Wert der betreffenden Forderungen zum Zeitpunkt ihrer Übertragung widerspiegelt.

Die ausgeführten Umsätze waren auch nicht gem. § 4 Nr. 8a UStG von der Umsatzsteuer befreit. Zwar ist demnach die Gewährung von Krediten umsatzsteuerfrei. Dies beruht auf Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 1 der Richtlinie 77/388/EWG. Allerdings hat die Klägerin den Ärzten keine Kredite i.S.d. § 4 Nr. 8a UStG gewährt. Denn kauft ein Unternehmer - wie hier - Honorarforderungen von Ärzten gegen ihre Patienten unter Übernahme des Ausfallrisikos (sog. echtes Factoring) gegen sofortige Zahlung des vereinbarten Kaufpreises, liegt auch dann keine steuerfreie Kreditgewährung des Unternehmers (Factors) an die Ärzte vor, wenn der Unternehmer in der zugrunde liegenden Kaufpreisvereinbarung und in den Abrechnungen neben den Factoringgebühren getrennt einen sog. pauschalen Vorfinanzierungszins ausweist.

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