Keine steuerliche Freistellung von Sanierungsgewinnen im Wege des Erlasses
FG Rheinland-Pfalz v. 30.3.2020 - 5 K 1689/20
Der Sachverhalt:
Die Kläger sind Eheleute. Sie waren im Streitjahr 2011 zu jeweils 50 % an einer KG beteiligt. Durch den Forderungsverzicht einer Gläubigerbank der KG i.H.v. 500.000 € entstand ein Gewinn, den das Finanzamt in dem Einkommensteuerbescheid der Kläger für 2011 steuererhöhend berücksichtigte. Dies entsprach der damaligen Rechtslage und wurde von den Klägern daher nicht angegriffen. Da sie allerdings der Auffassung waren, dass die auf den Forderungsverzicht entfallende Einkommensteuer nach dem sog. Sanierungserlass des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 27.3.2003 (BStBl I 2003, 240) zu erlassen sei, stellten sie einen entsprechenden Antrag nach § 227 AO.
Das Finanzamt lehnte den Erlassantrag ab, da die besonderen Voraussetzungen des Sanierungserlasses nicht vorlägen. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab.
Die Gründe:
In dem streitigen Billigkeitsverfahren nach § 227 AO kann kein Antrag auf Anwendung des § 3a EStG gestellt werden.
Unerheblich ist, ob die Voraussetzungen des Sanierungserlasses vorlagen oder nicht. Der Große Senat des BFH hat nämlich bereits mit Beschluss vom 28.11.2016, Az.: GrS 1/15 entschieden, dass eine entsprechende Steuerfreiheit gesetzlich hätte geregelt werden müssen und dass deshalb der Sanierungserlass gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt.
Am 27.4.2017 hat das BMF "aus Gründen des Vertrauensschutzes" zwar eine Altfallregelung getroffen (Schuldenerlass bis 8.2.2017). Diese Altfallregelung verstößt nach Auffassung des BFH (Urteil vom 23.8.2017, Az.: I R 52/14) hingegen ebenfalls gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, weil auch eine solche Maßnahme dem Gesetzgeber vorbehalten ist. Zu dem vorgenannten Urteil ist zwar ein sog. Nichtanwendungserlass des BMF ergangen (BStBl I 2018, 588). Daran ist das FG jedoch nicht gebunden, da auch dieser Erlass gegen Gesetz und Recht verstößt.
Es steht der Finanzverwaltung nämlich nicht zu, die bisherige Verwaltungspraxis unter Berufung auf Vertrauensschutzgesichtspunkte im Billigkeitsweg fortzusetzen. Verwaltungsanweisungen, mit denen zur Vermeidung unbilliger Ergebnisse generelle Unzulänglichkeiten des Gesetzes - hier: das Fehlen einer Übergangsregelung für Altfälle - korrigiert werden sollten, sind unzulässig.
Inzwischen habe der Gesetzgeber die Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen in § 3a EStG geregelt und dazu eine Übergangsregelung geschaffen (Gesetz vom 11.12.2018, BGBl I 2018, 2338). Über die Anwendung des § 3a EStG ist allerdings bereits im Veranlagungsverfahren (= Steuerfestsetzungsverfahren) zu entscheiden. Soweit sie greift, entsteht die Einkommensteuer erst gar nicht. Demgegenüber wird über die im sog. Sanierungserlass vorgesehenen Maßnahmen in einem eigenständigen Billigkeitsverfahren entschieden, das - wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind - mit einem Erlass der Steuer nach § 227 AO seinen Abschluss findet.
FG Rheinland-Pfalz PM vom 28.4.2021
Die Kläger sind Eheleute. Sie waren im Streitjahr 2011 zu jeweils 50 % an einer KG beteiligt. Durch den Forderungsverzicht einer Gläubigerbank der KG i.H.v. 500.000 € entstand ein Gewinn, den das Finanzamt in dem Einkommensteuerbescheid der Kläger für 2011 steuererhöhend berücksichtigte. Dies entsprach der damaligen Rechtslage und wurde von den Klägern daher nicht angegriffen. Da sie allerdings der Auffassung waren, dass die auf den Forderungsverzicht entfallende Einkommensteuer nach dem sog. Sanierungserlass des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 27.3.2003 (BStBl I 2003, 240) zu erlassen sei, stellten sie einen entsprechenden Antrag nach § 227 AO.
Das Finanzamt lehnte den Erlassantrag ab, da die besonderen Voraussetzungen des Sanierungserlasses nicht vorlägen. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab.
Die Gründe:
In dem streitigen Billigkeitsverfahren nach § 227 AO kann kein Antrag auf Anwendung des § 3a EStG gestellt werden.
Unerheblich ist, ob die Voraussetzungen des Sanierungserlasses vorlagen oder nicht. Der Große Senat des BFH hat nämlich bereits mit Beschluss vom 28.11.2016, Az.: GrS 1/15 entschieden, dass eine entsprechende Steuerfreiheit gesetzlich hätte geregelt werden müssen und dass deshalb der Sanierungserlass gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt.
Am 27.4.2017 hat das BMF "aus Gründen des Vertrauensschutzes" zwar eine Altfallregelung getroffen (Schuldenerlass bis 8.2.2017). Diese Altfallregelung verstößt nach Auffassung des BFH (Urteil vom 23.8.2017, Az.: I R 52/14) hingegen ebenfalls gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, weil auch eine solche Maßnahme dem Gesetzgeber vorbehalten ist. Zu dem vorgenannten Urteil ist zwar ein sog. Nichtanwendungserlass des BMF ergangen (BStBl I 2018, 588). Daran ist das FG jedoch nicht gebunden, da auch dieser Erlass gegen Gesetz und Recht verstößt.
Es steht der Finanzverwaltung nämlich nicht zu, die bisherige Verwaltungspraxis unter Berufung auf Vertrauensschutzgesichtspunkte im Billigkeitsweg fortzusetzen. Verwaltungsanweisungen, mit denen zur Vermeidung unbilliger Ergebnisse generelle Unzulänglichkeiten des Gesetzes - hier: das Fehlen einer Übergangsregelung für Altfälle - korrigiert werden sollten, sind unzulässig.
Inzwischen habe der Gesetzgeber die Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen in § 3a EStG geregelt und dazu eine Übergangsregelung geschaffen (Gesetz vom 11.12.2018, BGBl I 2018, 2338). Über die Anwendung des § 3a EStG ist allerdings bereits im Veranlagungsverfahren (= Steuerfestsetzungsverfahren) zu entscheiden. Soweit sie greift, entsteht die Einkommensteuer erst gar nicht. Demgegenüber wird über die im sog. Sanierungserlass vorgesehenen Maßnahmen in einem eigenständigen Billigkeitsverfahren entschieden, das - wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind - mit einem Erlass der Steuer nach § 227 AO seinen Abschluss findet.