Keine Übertragung des dem anderen Elternteil zustehenden BEA-Freibetrages nach Volljährigkeit des Kindes
BFH v. 22.4.2020 - III R 61/18
Der Sachverhalt:
Streitig ist die Übertragung des Freibetrages für den Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf (BEA-Freibetrag) für die volljährige Tochter T des Klägers für die Monate Januar 2014 bis Juli 2014 und für den volljährigen Sohn S für die Monate März 2014 bis Dezember 2014 auf die beigeladene Kindesmutter.
Die Mutter beantragte in ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2014 die Übertragung der dem Vater zustehenden Kinderfreibeträge für die beiden volljährigen Kinder, ebenso die BEA-Freibeträge. Sie trug vor, der andere Elternteil, der Kläger, komme seiner Unterhaltsverpflichtung nicht ausreichend nach oder sei mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig. Das Finanzamt lehnte zunächst eine Übertragung der Freibeträge auf die Mutter ab. Hiergegen legte diese erfolgreich Einspruch ein.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage teilweise statt. Bei der Mutter seien lediglich die einfachen BEA-Freibeträge zu berücksichtigen. Die Revision des Finanzamts hatte vor dem BFH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das FG hat eine Übertragung des dem Kläger zustehenden BEA-Freibetrages auf die Beigeladene zu Recht abgelehnt.
Eine Übertragung des BEA-Freibetrages bei volljährigen Kindern ist nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes in § 32 Abs. 6 Satz 6 EStG nicht vorgesehen. Für eine über den Wortlaut hinausgehende Auslegung des § 32 Abs. 6 Satz 6 EStG dahingehend, dass der BEA-Freibetrag auch bei volljährigen Kindern übertragen werden kann, ergeben sich im Streitfall keine Anhaltspunkte. Insbesondere deuten weder die Gesetzesmaterialien oder die Entstehungsgeschichte noch die Gesetzessystematik darauf hin, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des § 32 Abs. 6 Satz 6 EStG auch die Übertragung des einfachen BEA-Freibetrages bei volljährigen Kindern regeln wollte, soweit ein Elternteil seinen Unterhaltspflichten im Wesentlichen nicht nachkommt. Den Gesetzesmaterialien lässt sich vielmehr entnehmen, dass der einfache BEA-Freibetrag jedem Elternteil "unabhängig von den tatsächlichen Aufwendungen" bzw. "ohne dass es auf eine Verletzung von Unterhaltspflichten des anderen Elternteils ankommt", gewährt werden soll.
Hätte der Gesetzgeber die Regelung der Übertragung des BEA-Freibetrages mit der zur Übertragung des Kinderfreibetrages bei volljährigen Kindern koppeln wollen, hätte es hierfür einer klaren gesetzlichen Regelung bedurft. Auch wenn es rechtspolitisch wünschenswert erscheinen könnte, die Übertragung des BEA-Freibetrages bei volljährigen Kindern, bei denen der Ausbildungsbedarf und damit regelmäßig tatsächliche Aufwendungen im Vordergrund stehen, nach denselben Grundsätzen wie die Übertragung des Kinderfreibetrages zu regeln, darf der Anwendungsbereich einer Vorschrift von der Verwaltung und den Gerichten nicht über die bewusst vom Gesetzgeber gesetzten Grenzen ausgedehnt werden. Die Entscheidung, auch bei volljährigen Kindern eine Übertragung des BEA-Freibetrages von einem Elternteil auf den anderen zu ermöglichen, obliegt daher allein dem Gesetzgeber.
BFH PM Nr. 44 vom 22.10.2020
Streitig ist die Übertragung des Freibetrages für den Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf (BEA-Freibetrag) für die volljährige Tochter T des Klägers für die Monate Januar 2014 bis Juli 2014 und für den volljährigen Sohn S für die Monate März 2014 bis Dezember 2014 auf die beigeladene Kindesmutter.
Die Mutter beantragte in ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2014 die Übertragung der dem Vater zustehenden Kinderfreibeträge für die beiden volljährigen Kinder, ebenso die BEA-Freibeträge. Sie trug vor, der andere Elternteil, der Kläger, komme seiner Unterhaltsverpflichtung nicht ausreichend nach oder sei mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig. Das Finanzamt lehnte zunächst eine Übertragung der Freibeträge auf die Mutter ab. Hiergegen legte diese erfolgreich Einspruch ein.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage teilweise statt. Bei der Mutter seien lediglich die einfachen BEA-Freibeträge zu berücksichtigen. Die Revision des Finanzamts hatte vor dem BFH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das FG hat eine Übertragung des dem Kläger zustehenden BEA-Freibetrages auf die Beigeladene zu Recht abgelehnt.
Eine Übertragung des BEA-Freibetrages bei volljährigen Kindern ist nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes in § 32 Abs. 6 Satz 6 EStG nicht vorgesehen. Für eine über den Wortlaut hinausgehende Auslegung des § 32 Abs. 6 Satz 6 EStG dahingehend, dass der BEA-Freibetrag auch bei volljährigen Kindern übertragen werden kann, ergeben sich im Streitfall keine Anhaltspunkte. Insbesondere deuten weder die Gesetzesmaterialien oder die Entstehungsgeschichte noch die Gesetzessystematik darauf hin, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des § 32 Abs. 6 Satz 6 EStG auch die Übertragung des einfachen BEA-Freibetrages bei volljährigen Kindern regeln wollte, soweit ein Elternteil seinen Unterhaltspflichten im Wesentlichen nicht nachkommt. Den Gesetzesmaterialien lässt sich vielmehr entnehmen, dass der einfache BEA-Freibetrag jedem Elternteil "unabhängig von den tatsächlichen Aufwendungen" bzw. "ohne dass es auf eine Verletzung von Unterhaltspflichten des anderen Elternteils ankommt", gewährt werden soll.
Hätte der Gesetzgeber die Regelung der Übertragung des BEA-Freibetrages mit der zur Übertragung des Kinderfreibetrages bei volljährigen Kindern koppeln wollen, hätte es hierfür einer klaren gesetzlichen Regelung bedurft. Auch wenn es rechtspolitisch wünschenswert erscheinen könnte, die Übertragung des BEA-Freibetrages bei volljährigen Kindern, bei denen der Ausbildungsbedarf und damit regelmäßig tatsächliche Aufwendungen im Vordergrund stehen, nach denselben Grundsätzen wie die Übertragung des Kinderfreibetrages zu regeln, darf der Anwendungsbereich einer Vorschrift von der Verwaltung und den Gerichten nicht über die bewusst vom Gesetzgeber gesetzten Grenzen ausgedehnt werden. Die Entscheidung, auch bei volljährigen Kindern eine Übertragung des BEA-Freibetrages von einem Elternteil auf den anderen zu ermöglichen, obliegt daher allein dem Gesetzgeber.