22.11.2016

Keine Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern innerhalb und außerhalb des öffentlichen Dienstes bei der Steuerfreiheit von Reisekostenerstattungen

Die sog. "Mitnahmepauschalen" sind auch bei Staatsbediensteten seit 2014 nicht (mehr) steuerfrei. Wenn somit ein Arbeitnehmer Ersatz von Aufwendungen erhält, die - wie die Mitnahmepauschale - im BRKG nicht vorgesehen und deshalb nicht als Werbungskosten abzugsfähig sind, handelt es sich dabei um steuerpflichtigen Arbeitslohn, weil der Aufwand, würde ihn der Arbeitnehmer selbst tragen, nicht als Werbungskosten abzugsfähig wäre.

FG Rheinland-Pfalz 8.11.2016, 3 K 2578/14
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte für die im August 2014 mit seinem PKW durchgeführten Dienstreisen von seinem privaten Arbeitgeber u.a. für jede mitgenommene Person eine Mitnahmepauschale i.H.v. 0,02 € je Fahrtkilometer (insgesamt 8,60 €) erhalten. Sein Arbeitgeber unterwarf diesen Teil der Reisekostenerstattung dem Lohnsteuerabzug.

Der Kläger hingegen war der Ansicht, die Zahlung müsse steuerfrei sein. Er stellte beim beklagten Finanzamt einen Antrag auf entsprechende Änderung der Lohnsteueranmeldung seines Arbeitgebers und machte geltend, nach § 3 Nr. 13 EStG seien die aus öffentlichen Kassen (etwa nach den Landesreisekostengesetzen der Länder Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz) gezahlten Mitnahmeentschädigungen steuerfrei. Deshalb müssten auch Mitnahmeentschädigungen, die Arbeitnehmer außerhalb des öffentlichen Dienstes von ihrem Arbeitgeber erhielten, nach § 3 Nr. 16 EStG steuerfrei sein. Ansonsten liege eine steuerliche Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst und Arbeitnehmern außerhalb des öffentlichen Dienstes vor.

Das Finanzamt lehnte den Antrag ab. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Das Finanzamt hatte den Antrag des Klägers zu Recht abgelehnt.

Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung lag bereits deshalb nicht vor, weil auch aus öffentlichen Kassen gezahlte Mitfahrerpauschalen nicht (mehr) steuerfrei sind. Der BFH hat mittlerweile wiederholt entschieden, dass Reisekostenvergütungen bei allen Beschäftigten innerhalb und außerhalb des öffentlichen Dienstes nur insoweit von der Besteuerung freigestellt werden dürfen, als der zu Grunde liegende Aufwand als Werbungskosten abzugsfähig ist. Diese Steuerfreiheit erfolgt nämlich nur aus Vereinfachungsgründen und rechtfertigt kein gleichheitswidriges Steuerprivileg.

Auch nach Inkrafttreten der Regelungen zum steuerlichen Reisekostenrecht ab 2014 wird diese Gleichbehandlung gewährleistet, denn der Werbungskostenabzug für Dienstreisen richtet sich für beide Arbeitnehmergruppen nach den gleichen Vorschriften (§ 9 Abs. 1 Nr. 4a EStG in der ab 2014 geltenden Fassung). Danach sind die Kosten entweder in der tatsächlich entstandenen Höhe nachzuweisen oder - bei fehlendem Einzelnachweis - nur mit den pauschalen Kilometersätzen des BRKG zu berücksichtigen.

Da das BRKG (anders als die bis 2013 geltende Verwaltungsanweisung) keine Mitfahrerpauschale vorsieht, kann eine solche Pauschale auch nicht (mehr) als Werbungskosten geltend gemacht werden. Manche Landesreisekostengesetze (etwa in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz) sehen zwar eine Mitfahrerpauschale vor. Dies führt (in Bezug auf den Werbungskostenabzug) allerdings zu keinem anderen Ergebnis, da das maßgebliche Gesetz (§ 9 Abs. 1 Nr. 4a EStG) ausdrücklich nur auf das BRKG und nicht (auch) auf die Reisekosten der Länder verweist.

Wenn somit ein Arbeitnehmer Ersatz von Aufwendungen erhält, die - wie die Mitnahmepauschale - im BRKG nicht vorgesehen und deshalb nicht als Werbungskosten abzugsfähig sind, handelt es sich dabei um steuerpflichtigen Arbeitslohn, weil der Aufwand, würde ihn der Arbeitnehmer selbst tragen, nicht als Werbungskosten abzugsfähig wäre. Dies gilt letztlich für alle Arbeitnehmer gleichermaßen, also unabhängig davon, ob die Steuerfreiheit in § 3 Nr. 13 EStG (Erstattungen an Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst) oder in § 3 Nr. 16 EStG (Erstattungen an Arbeitnehmer außerhalb des öffentlichen Dienstes) geregelt ist.

Hintergrund:
Reisekostenerstattungen durch einen Arbeitgeber außerhalb des öffentlichen Dienstes sind nach § 3 Nr. 16 EStG steuerfrei, wenn sie den Aufwand, den der Arbeitnehmer als Werbungskosten geltend machen könnte, nicht überschreiten. Werbungskosten sind zwar grundsätzlich im Einzelnen nachzuweisen. Ohne Einzelnachweis der tatsächlichen Gesamtkosten können allerdings pauschale Kilometersätze angesetzt werden. Diese Pauschalen sind seit dem Veranlagungszeitraum 2014 nicht mehr in Verwaltungsanweisungen, sondern in § 9 EStG (Werbungskosten) geregelt, der auf das BRKG)und die dort festgesetzte Wegstreckenentschädigung verweist.

Infolgedessen können Aufwendungen, die zwar in der früheren Verwaltungsanweisung, nicht aber im BRKG berücksichtigt werden (wie etwa sog. Mitnahmepauschalen = Erhöhung des Kilometersatzes für jede mitgenommene Person), seit 2014 nicht mehr als Werbungskosten anerkannt werden. Dies hat (mittelbar) auch zur Folge, dass die von einem privaten Arbeitgeber gezahlten Mitnahmepauschalen nicht mehr nach § 3 Nr. 16 EStG steuerfrei sind.

Die Steuerfreiheit von Reisekostenerstattungen an Beschäftigte im öffentlichen Dienst ist gesondert geregelt, und zwar in § 3 Nr. 13 EStG. Die Höhe der Erstattung richtet sich bei Bundesbediensteten nach dem BRKG und bei Landesbediensteten nach dem Reisekostengesetz des jeweiligen Landes. Da diese Regelungen allerdings in den Bundesländern nicht einheitlich sind, stellt sich die Frage, ob auch Erstattungen, die nur in einem Landesreisekostengesetz (und nicht im BRKG) vorgesehen sind, steuerfrei sind und ob dies ggf. zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern im und außerhalb des öffentlichen Dienstes führen würde.

FG Rheinland-Pfalz PM vom 22.11.2016
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