07.01.2021

Keine verfassungsrechtlichen Zweifel an der Höhe der Säumniszuschläge

Die gegen die Höhe der Zinsen gem. § 238 AO erhobenen verfassungsrechtlichen Zweifel lassen sich nicht auf Säumniszuschläge übertragen. Den vorwiegend als Druckmittel konzipierten Säumniszuschlägen lässt sich ein fester typisierter Zinssatz nicht verlässlich entnehmen.

FG Hamburg v. 1.10.2020 - 2 K 11/18
Der Sachverhalt:
Streitig ist die Feststellung von zur Tabelle angemeldeten Säumniszuschlägen. Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen von A. Das Finanzamt erließ die Hälfte der verwirkten Säumniszuschläge und stellte den verbleibenden Rest neben weiteren Abgabenforderungen nach § 251 Abs. 3 AO fest, nachdem der Insolvenzverwalter den Anspruch auf die restlichen Säumniszuschläge bestritten hatte.

Eine Billigkeitsentscheidung über die noch offenen Säumniszuschläge wurde nicht getroffen. Im Streitverfahren ging es folglich allein um die Frage, ob die verwirkten Säumniszuschläge zu Recht festgestellt worden waren. Da diese unstreitig richtig berechnet waren, konnten gegen die kraft Gesetzes entstehenden Säumniszuschläge nur verfassungsrechtliche Einwände zum Erfolg führen.

Da FG wies die Klage ab. Die beim BFH anhängige Revision des Klägers wird dort unter dem Az. VII R 55/20 geführt.

Die Gründe:
Die Feststellung der nach dem hälftigen Erlass noch verbliebenen Säumniszuschläge ist rechtmäßig.

Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Zweifel an der Höhe der Säumniszuschläge. Die Verfassungsmäßigkeit des typisierenden AO-Zinssatzes von 6 % p.a. nach § 238 AO steht angesichts einer anhaltenden Niedrigzinsphase seit geraumer Zeit auf dem Prüfstand. Eine Übertragung derartiger verfassungsrechtlicher Erwägungen auf Säumniszuschläge, die 12 % p.a. betragen, setzt zunächst voraus, dass den Säumniszuschlägen ein definitiver und definierbarer Zinsanteil innewohnt. Der Charakter der Säumniszuschläge ist umstritten, insbesondere ob sie in voller Höhe Druckmittel sind (Loose in Tipke/Kruse, AO-FGO, § 240 AO Rz. 4 ff.), oder ob sie neben dem Druckmittelcharakter auch eine Gegenleistung für das Hinausschieben der Zahlung fälliger Steuerschulden und die Abgeltung von Verwaltungsaufwand darstellen (so ständige Rechtsprechung auch des BFH (VII R 8/04).

Das FG folgt dieser Auffassung zwar und bejaht einen Zinsanteil an den Säumniszuschlägen; im Ergebnis hat die Klage aber keinen Erfolg, weil nicht zur Überzeugung des Gerichts feststeht, dass die Höhe der Säumniszuschläge verfassungswidrig ist. Ein genauer prozentualer Zinssatz, der verfassungsrechtlich verprobt werden kann, lässt sich angesichts des besonderen Charakters der Säumniszuschläge nicht ausmachen, so ist auch unklar, ob neben einem Zinsanteil ein bestimmter bezifferbarer Anteil für Verwaltungsaufwand anzusetzen ist. Die Säumniszuschläge verstoßen auch nicht insgesamt mit einem Zinssatz von 12 % p.a. gegen das Übermaßverbot.
FG Hamburg NL vom 4.1.2021
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