15.04.2019

Keine Wiedereinsetzung bei vom Steuerberater vergessener Anfechtung sämtlicher Änderungsbescheide nach einer Betriebsprüfung

Legt ein Steuerberater für seinen Mandanten nur gegen einen Teil der aufgrund einer Betriebsprüfung ergangenen Bescheide Einspruch ein, kommt hinsichtlich der "übersehenen" Bescheide keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht. In einem solchen Fall liegt auch kein "minderer Verschuldensgrad" in Form "einfachster Fahrlässigkeit" vor, so dass auch nach der einschränkenden Literaturauffassung keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht käme.

FG Münster v. 25.3.2019 - 5 V 483/19 U
Der Sachverhalt:
Das Finanzamt hatte aufgrund einer Betriebsprüfung für die Streitjahre 2013 bis 2015 gegenüber dem Antragsteller geänderte Umsatzsteuer-, Einkommensteuer- und Gewerbesteuermessbescheide erlassen. Mit den Einkommensteuerbescheiden waren auch Festsetzungen des Solidaritätszuschlags, der Kirchensteuer, eines Verspätungszuschlags sowie Zinsen verbunden. Der Steuerberater des Antragstellers legte gegen die Bescheide über Einkommensteuer, Kirchensteuer, Verspätungszuschlag und Zinsen sowie die Gewerbesteuermessbescheide Einsprüche ein. Nach Ablauf der Einspruchsfrist gab er zudem eine Einspruchsbegründung hinsichtlich der Umsatzsteuerbescheide ab.

Die zugleich beantragte Aussetzung der Vollziehung lehnte das Finanzamt in Bezug auf die Umsatzsteuer ab, da die Einsprüche verspätet eingelegt worden seien. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei auch nicht zu gewähren, weil die Einspruchsfrist fahrlässig versäumt worden sei. Der Antragsteller berief sich hingegen auf handschriftliche Vermerke seines Steuerberaters, wonach auch gegen die Umsatzsteuerbescheide Einsprüche hätten eingelegt werden sollen, was lediglich im Einspruchsschreiben übersehen worden sei.

Der FG lehnte den gerichtlichen Aussetzungsantrag ab.

Die Gründe:
Der Antrag war bereits unzulässig, weil es an einem Rechtsschutzbedürfnis in Bezug auf die Umsatzsteuerbescheide fehlte, da diese bestandskräftig geworden waren.

Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand lagen nicht vor, da der Antragsteller die Einspruchsfrist nicht schuldlos versäumt hatte. Denn sein Steuerberater, dessen Verschulden dem Antragsteller zuzurechnen ist, hatte die an ihn als Rechtskundigen zu stellenden strengen Sorgfaltsanforderungen nicht erfüllt. Bei einer gewissenhaften Bearbeitung des Einspruchs hätte ihm die fehlende Anfechtung der Umsatzsteuerbescheide auffallen müssen. Denn gerade in Fällen einer Vielzahl zeitgleich ergehender Verwaltungsakte ist von Steuerberatern ein besonders sorgfältiges Handeln zu verlangen.

In der Literatur wird zwar darin teilweise ein überstrenger Sorgfaltsmaßstab gesehen, weil eigentlich jeder Fehler bei äußerster Sorgfalt vermeidbar und damit verschuldet sei und damit die Anforderungen an eine Wiedereinsetzung überspannt würden. Nach Auffassung des Senates findet diese in der Literatur vertretene einschränkende Auffassung jedoch keine hinreichende Stütze im Gesetzeswortlaut. Ungeachtet dessen liegt nach Auffassung des Senates im Streitfall auch kein "minderer Verschuldensgrad" in Form "einfachster Fahrlässigkeit" vor, so dass auch nach der einschränkenden Literaturauffassung keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht käme.

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