09.07.2012

Keine Zweitausbildung vor Abschluss der ersten Ausbildung

Für die Abgrenzung zwischen erster Berufsausbildung bzw. Erststudium und zweiter Berufsausbildung im Rahmen des § 12 Nr. 5 EStG kommt es entscheidend auf den berufsqualifizierenden Abschluss der ersten Berufsausbildung bzw. des Erststudiums an. Beim Abschluss eines Betriebswirtschaftsstudiums durch die Diplomprüfung handelt es sich nicht lediglich um einen rein formalen Akt, sondern vielmehr um einen konstitutiven Vorgang.

FG Köln 22.5.2012, 15 K 3413/09
Der Sachverhalt:
Der Kläger studierte von 2001 an Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Verkehrswissenschaften. Die letzte Prüfungsleistung wurde laut Prüfungsamt am 10.9.2007 durch Einreichung der Diplomarbeit erbracht. Das positive Ergebnis erhielt der Kläger am 13.11.2007. Bereits am 3.3.2006 hatte der Kläger nach erfolgreich durchlaufendem Auswahlverfahren einen Ausbildungsvertrag über eine etwa 18-monatige Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer abgeschlossen. Seit Abschluss der Ausbildung im September 2007 ist der Kläger als Verkehrsflugzeugführer beschäftigt. In der Zeit vom 9. bis 14.9.2007 hielt er sich bei einem sog. "Type Rating" auf.

In der Folgezeit war zwischen dem Kläger und dem Finanzamt streitig, ob die Aufwendungen des Klägers für die Ausbildungen zum Verkehrsflugzeugführer (vorweggenommene) Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit darstellten. Die Steuerbehörde war der Ansicht, bei der Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer handele es sich nicht um eine zweite Ausbildung, da der Kläger sein Studium der Betriebswirtschaftslehre im Zeitpunkt des Beginns der Ausbildung zum Piloten noch nicht durch eine Prüfung abgeschlossen habe. Damit habe er zwei Ausbildungen parallel absolviert.

Das FG wies die gegen die Ablehnungsbescheide und den Einkommensteuerbescheid 2007 gerichtete Klage ab. Allerdings wurde zur Fortbildung des Rechts die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Zu Recht hatte das Finanzamt die Aufwendungen des Klägers für die Ausbildungen zum Verkehrsflugzeugführer nicht als (vorweggenommene) Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit anerkannt.

Im Streitfall lag die Besonderheit darin, dass der Kläger zwar zu Beginn seiner weiteren Ausbildung zum Piloten das vorangegangene Studium noch nicht durch die Diplomprüfung abgeschlossen hatte, der erfolgreiche Abschluss allerdings später tatsächlich am 13.11.2007 eintrat. Der Kläger hatte somit in kürzester Zeit erfolgreich zwei Berufsausbildungen abgeschlossen. Sein im Laufe des Betriebswirtschaftsstudiums entwickeltes Interesse am Thema Luftverkehr hatte er in der Folge durch eine komprimierte Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer konkretisiert, so dass er nach Abschluss dieser Ausbildung als Pilot angestellt wurde und bis heute daraus Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt.

Allerdings begann der Kläger seine weitere Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer bereits vor dem förmlichen Abschluss seines Betriebswirtschaftsstudiums. Nach eigenen Angaben ist er 2007 noch an 80 Tagen zur Universität gefahren. Von der Wahrheit dieser Angaben ausgehend, konnte darin ein Indiz dafür gesehen werden, dass der Kläger bis zum Abschluss der Diplomprüfung im Studienbetrieb involviert war.

Den Vortrag des Klägers, vor dem Beginn der Ausbildung zum Piloten sämtliche Diplomprüfungen erbracht, seine Diplomarbeit erstellt und eingereicht und lediglich auf die Anerkennung der Studienleistungen während des Auslandssemesters und Korrektur der Diplomarbeit gewartet zu haben, führte zu keiner anderen Beurteilung. Denn für die Abgrenzung zwischen erster Berufsausbildung bzw. Erststudium und zweiter Berufsausbildung im Rahmen des § 12 Nr. 5 EStG kommt es entscheidend auf den berufsqualifizierenden Abschluss der ersten Berufsausbildung bzw. des Erststudiums an. Entgegen der Ansicht des Klägers handelte es sich bei dem Abschluss des Betriebswirtschaftsstudiums durch die Diplomprüfung nicht lediglich um einen rein formalen Akt, sondern vielmehr um einen konstitutiven Vorgang.

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