04.10.2012

Kindergeld: Minderung der Einkünfte um Zuzahlungen i.S.d. SGB V

Krankheitskosten, die das versicherte Kind geleistet hat, können bei der Prüfung der Überschreitung des Jahresgrenzbetrags Berücksichtigung finden, soweit es sich dabei um Zuzahlungen i.S.d. SGB V handelt. Die (Mindest-)Vorsorge für den Krankheitsfall führt zu Kosten, die die steuerliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen unvermeidbar mindern und für ihn indisponibel sind.

BFH 5.7.2012, VI R 99/10
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte für ihre im Streitjahr 2007 erst 19-jährige Tochter Kindergeld bezogen. Die Tochter absolvierte zu dieser Zeit eine Ausbildung zur Krankenschwester. Die Familienkasse war der Ansicht, die für das Streitjahr zu erwartenden Einkünfte und Bezüge der Tochter würden den Jahresgrenzbetrag gem. § 32 Abs. 4 S. 2 EStG übersteigen. Sie hob deshalb die Festsetzung des Kindergeldes ab Januar 2007 auf. Im Januar 2008 stellte die Klägerin unter Beifügung von Belegen erneut einen Kindergeldantrag, mit dem sie geltend machte, die Einkünfte ihrer Tochter im Streitjahr, hätten den Jahresgrenzbetrag nicht überstiegen. Die Familienkasse lehnte den Antrag ab.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Entgegen der Auffassung der Klägerin seien die Kosten für ein Notebook nur anteilig zu berücksichtigen. Die geltend gemachten Mietkosten könnten nicht als ausbildungsbedingter Mehrbedarf berücksichtigt werden. Aufwendungen für die Praxisgebühr, Arzneibedarf oder Unfallversicherung seien als Sonderausgaben bzw. außergewöhnliche Belastungen keine Werbungskosten oder besondere Ausbildungskosten.

Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Die Gründe:
Aufgrund der Feststellungen des FG konnte der Senat nicht beurteilen, ob der Klägerin ein Anspruch auf Kindergeld zusteht.

Zwar konnten die Kosten für das Notebook nicht in voller Höhe als Werbungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte abgezogen werden, da Aufwendungen für abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter, die selbständig nutzbar sind, nur dann im Jahr der Anschaffung abgesetzt werden können, wenn sie 410 € nicht übersteigen. Ist das - wie hier - nicht der Fall kommt nur ein Abzug im Wege der AfA in Betracht. Zudem können Aufwendungen für die Unfallversicherung und die vom Arbeitslohn einbehaltene Lohnsteuer nicht von den Einkünften abgezogen werden. Ebenso gehört der in der Regel mit dem Jahresgrenzbetrag bereits typischerweise abgegoltene erhöhte Lebensbedarf wegen einer auswärtigen Unterbringung nicht zu den ausbildungsbedingten Mehraufwendungen.

Allerdings können die von der Klägerin geltend gemachten, vom FG jedoch nicht näher festgestellten Krankheitskosten bei der Prüfung der Überschreitung des Jahresgrenzbetrags Berücksichtigung finden, soweit es sich dabei um Zuzahlungen i.S.d. SGB V handelt. Zwar kommt eine generelle Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen bei der Ermittlung der eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes nicht in Betracht. Dies gilt grundsätzlich auch für Krankheitskosten. Allerdings sind die Einkünfte des Kindes nicht in die Bemessungsgrundlage für den Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 S. 2 EStG einzubeziehen, soweit sie durch unvermeidbare (zwangsläufige) Aufwendungen gebunden sind. Die Beiträge zu einer freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung sind solche unvermeidbaren Aufwendungen. Die (Mindest-)Vorsorge für den Krankheitsfall führt zu Kosten, die die steuerliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen unvermeidbar mindern und für ihn indisponibel sind.

Das FG hatte zur Frage, ob und in welcher Höhe die Tochter der Klägerin im fraglichen Zeitraum nicht in die Bemessungsgrundlage für den Jahresgrenzbetrag einzubeziehende Zusatzzahlungen nach dem SGB V getragen hat, keine Feststellungen getroffen. Dies wird es im weiteren Verfahren genauso nachholen müssen wie die Beantwortung der Frage, ob die von der Klägerin geltend gemachten, vom FG aber nicht festgestellten Unterbringungskosten als Werbungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte nach § 2 Abs. 2 EStG (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG) abgezogen werden können.

Linkhinweis:

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