05.01.2015

Kindergeld: Zur Beibehaltung des Wohnsitzes bei mehrjährigem Auslandsstudium

Für die Beibehaltung eines Inlandswohnsitzes im Hause der Eltern bei mehrjährigen Auslandsaufenthalten reichen nur kurze, üblicherweise durch die Eltern-Kind-Beziehung begründete Besuche regelmäßig nicht aus. Dies ist bei lediglich kurzzeitigen Aufenthalten - zwei bis drei Wochen pro Jahr - nach der Lebenserfahrung der Fall.

BFH 25.9.2014, III R 10/14
Der Sachverhalt:
Die Tochter des Klägers hatte nach ihrem im Sommer 2008 abgelegten Abitur ab August 2008 zunächst ein einjähriges Au-Pair-Programm in den USA absolviert und studiert seit September 2009 in New York. Der Abschluss ist für das Jahr 2014 geplant. Während ihres Auslandsaufenthalts stand ihr ehemaliges Kinderzimmer im väterlichen Wohnhaus zur Verfügung. Im Streitzeitraum hielt sie sich vom 18.12.2009 bis zum 4.1.2010, vom 11.2.2011 bis zum 1.4.2011 und vom 1.8.2011 bis zum 4.9.2011 auf (außerhalb des Streitzeitraums: 20.12.2011 bis 3.1.2012, 3.2.2012 bis 6.3.2012, 4.4.2012 bis 16.4.2012).

Die Familienkasse hob die Festsetzung des Kindergeldes ab Januar 2009 auf und führte zur Begründung an, die Tochter habe ab diesem Zeitpunkt keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland gehabt. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision der Familienkasse hob der BFH das FG-Urteil auf und wies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Gründe:
Die Feststellungen des FG reichten nicht aus, um abschließend beurteilen zu können, ob die Tochter des Klägers im Streitzeitraum ihren Wohnsitz im Inland (beibehalten) hatte.

Die Grundsätze, nach denen sich bestimmt, ob jemand einen Wohnsitz im Inland hat, sind durch langjährige Rechtsprechung im Wesentlichen geklärt. Danach behält ein Kind während eines mehrjährigen Auslandsaufenthalts zum Zwecke einer Berufsausbildung seinen Wohnsitz in der Wohnung der Eltern im Inland im Regelfall nur dann bei, wenn es diese Wohnung zumindest überwiegend in den ausbildungsfreien Zeiten nutzt. Für die Beibehaltung eines Inlandswohnsitzes im Hause der Eltern bei mehrjährigen Auslandsaufenthalten reichen aber nur kurze, üblicherweise durch die Eltern-Kind-Beziehung begründete Besuche regelmäßig nicht aus. Dies ist bei lediglich kurzzeitigen Aufenthalten - zwei bis drei Wochen pro Jahr - nach der Lebenserfahrung der Fall.

Entgegen der Ansicht des FG können fehlende finanzielle Mittel für Heimreisen des Kindes nicht die fehlenden wesentlichen Inlandsaufenthalte in den ausbildungsfreien Zeiten kompensieren. Die gesetzliche Regelung setzt neben dem Vorhandensein einer Wohnung, das "Innehaben" einer solchen voraus. Dabei sind die Voraussetzungen für das "Innehaben" einer Wohnung im steuerrechtlichen Sinn objektiviert. Entscheidend sind daher die tatsächlichen Verhältnisse ohne Rücksicht auf subjektive Momente oder Absichten. Die persönlichen oder finanziellen Beweggründe für die fehlenden Inlandsaufenthalte und damit für das fehlende "Innehaben" sind für die Frage des Wohnsitzes unerheblich.

Die vom FG vorgenommene Würdigung war unter Berücksichtigung dieses eingeschränkten Prüfungsmaßstabs zu beanstanden. Es muss im weiteren Verfahren die fehlenden tatsächlichen Feststellungen zum Vorliegen eines inländischen Wohnsitzes nachholen. Dabei hat es zu berücksichtigen, dass die Tochter zunächst nur einen vorübergehenden einjährigen Aufenthalt in den USA als Au-Pair geplant hatte. Bei voraussichtlicher Rückkehr innerhalb eines Jahres liegt regelmäßig keine Aufgabe des Wohnsitzes vor, so dass Inlandsaufenthalte für die Beibehaltung des Wohnsitzes nicht erforderlich sind. Wird die Absicht zur Rückkehr innerhalb eines Jahres aufgegeben, so kann in diesem Moment aber eine Aufgabe des Wohnsitzes erfolgen. Entscheidend ist insoweit, in welchem Zeitpunkt Umstände eintreten, die nunmehr Rückschlüsse auf einen längerfristigen Auslandsaufenthalt zulassen. Ab diesem Zeitpunkt kommt den Inlandsaufenthalten bei der Frage der Beibehaltung des Wohnsitzes im Elternhaus wieder erhebliche Bedeutung zu.

Linkhinweis:

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