Klageerhebung durch Steuerberater per Telefax ist trotz Möglichkeit der beSt-Beantragung per "Fast-Lane" zulässig
FG Münster v. 14.4.2023, 7 K 86/23 E
Der Sachverhalt:
Nachdem die Kläger zunächst keine Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2019 abgegeben hatten, schätzte das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen.. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Nach Einspruch der Kläger hob die Behörde den Vorbehalt der Nachprüfung mit Bescheid vom 11.3.2022 auf. Im Juni 2022 reichten die Kläger eine Einkommensteuererklärung für 2019 ein. Nachdem das Finanzamt die Kläger erfolglos zur Vorlage von Nachweisen aufgefordert hatte, erging die Teil-Einspruchsentscheidung vom 9.12.2022.
Die durch einen Steuerberater vertretenen Kläger haben am 12. 1.2023 per Telefax Klage erhoben. Nach Hinweis des Berichterstatters auf § 52d Satz 2 FGO führte der Prozessbevollmächtigte aus, dass ihm das besondere elektronische Steuerberaterpostfach - beSt - bei Klageerhebung noch nicht zur Verfügung gestanden habe. Der Registrierungsbrief der Bundessteuerberaterkammer - BStBK - sei ihm erst am 21.2.2023 zugegangen. Zum Nachweis legte er den an ihn adressierten Registrierungsbrief vom 17.2.2023 vor.
Das FG hat durch Zwischen-Gerichtsbescheid entschieden, dass die Klage in zulässiger Weise per Telefax erhoben worden war. Allerdings wurde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Steuerberaterinnen und Steuerberater müssen zwar grundsätzlich seit dem 1.1.2023 mit dem Finanzgericht elektronisch kommunizieren mit der Folge, dass eine Klageerhebung per Brief oder Telefax unzulässig ist. Voraussetzung ist nach § 52d Satz 2 FGO, dass ein sicherer Übermittlungsweg "zur Verfügung steht". Diesen stellt die Bundessteuerberaterkammer in Form des besonderen elektronischen Steuerberaterpostfachs (beSt) zur Verfügung, wobei sie erst im ersten Quartal 2023 die Registrierungsaufforderungen zur Einrichtung des beSt an die Steuerberaterinnen und Steuerberater versandt hatte. Diese haben allerdings die Möglichkeit erhalten, einen sog. "Fast-Lane-Antrag" zu stellen, um den Registrierungsbrief vorzeitig zu bekommen.
Die bloße Möglichkeit, den Versand der Registrierungsaufforderung durch einen "Fast-Lane-Antrag" zu beschleunigen, reicht allerdings nicht für die Entstehung der Nutzungspflicht aus. Die Bundessteuerberaterkammer ist allein zur Abwicklung des Versands der Registrierungsaufforderungen verpflichtet. Das Gesetz sieht insoweit keine Mitwirkungspflicht des einzelnen Berufsträgers zur Beschleunigung des Versands vor. Mit dieser Sichtweise ist der Senat nun anderen finanzgerichtlichen Entscheidungen entgegengetreten.
Für diese Ansicht spricht auch ein Vergleich mit Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, die nach § 52d Satz 1 der Finanzgerichtsordnung seit 2022 ohne weitere Voraussetzungen verpflichtet sind, das besondere Anwaltspostfach zu nutzen. Dass die Bundessteuerberaterkammer, die insoweit als Hoheitsträgerin handelt, erst im Laufe des ersten Quartals 2023 die Registrierungsaufforderungen sukzessive in mehreren Tranchen versandt hatte, konnte im Nachhinein nicht den einzelnen Berufsträgern angelastet werden.
Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich gerade nicht, dass die Nutzungspflicht nach der Vorstellung des Gesetzgebers abstrakt ab dem 1.1.2023 für sämtliche Berufsträger greift. Eine strengere abstrakte Auslegung verstößt auch gegen das verfassungsrechtlich garantierte Recht auf effektiven Rechtsschutz, da von den Steuerberaterinnen und Steuerberatern in Einzelfällen etwas faktisch Unmögliches gefordert würde. Wegen der uneinheitlichen finanzgerichtlichen Rechtsprechung wurde zu dieser Frage jedoch die Revision zugelassen.
Mehr zum Thema:
Aktionsmodul Steuerrecht:
Mit dem Aktionsmodul stehen dem umfassend tätigen Steuerrechtspraktiker fünf Beratermodule zur Verfügung. Inklusive Selbststudium nach § 15 FAO. Wann immer es zeitlich passt: Für Fachanwälte bietet das Aktionsmodul Beiträge zum Selbststudium mit Lernerfolgskontrolle und Fortbildungszertifikat. 4 Wochen gratis nutzen!
FG Münster - PM vom 29.4.2023
Nachdem die Kläger zunächst keine Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2019 abgegeben hatten, schätzte das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen.. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Nach Einspruch der Kläger hob die Behörde den Vorbehalt der Nachprüfung mit Bescheid vom 11.3.2022 auf. Im Juni 2022 reichten die Kläger eine Einkommensteuererklärung für 2019 ein. Nachdem das Finanzamt die Kläger erfolglos zur Vorlage von Nachweisen aufgefordert hatte, erging die Teil-Einspruchsentscheidung vom 9.12.2022.
Die durch einen Steuerberater vertretenen Kläger haben am 12. 1.2023 per Telefax Klage erhoben. Nach Hinweis des Berichterstatters auf § 52d Satz 2 FGO führte der Prozessbevollmächtigte aus, dass ihm das besondere elektronische Steuerberaterpostfach - beSt - bei Klageerhebung noch nicht zur Verfügung gestanden habe. Der Registrierungsbrief der Bundessteuerberaterkammer - BStBK - sei ihm erst am 21.2.2023 zugegangen. Zum Nachweis legte er den an ihn adressierten Registrierungsbrief vom 17.2.2023 vor.
Das FG hat durch Zwischen-Gerichtsbescheid entschieden, dass die Klage in zulässiger Weise per Telefax erhoben worden war. Allerdings wurde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Steuerberaterinnen und Steuerberater müssen zwar grundsätzlich seit dem 1.1.2023 mit dem Finanzgericht elektronisch kommunizieren mit der Folge, dass eine Klageerhebung per Brief oder Telefax unzulässig ist. Voraussetzung ist nach § 52d Satz 2 FGO, dass ein sicherer Übermittlungsweg "zur Verfügung steht". Diesen stellt die Bundessteuerberaterkammer in Form des besonderen elektronischen Steuerberaterpostfachs (beSt) zur Verfügung, wobei sie erst im ersten Quartal 2023 die Registrierungsaufforderungen zur Einrichtung des beSt an die Steuerberaterinnen und Steuerberater versandt hatte. Diese haben allerdings die Möglichkeit erhalten, einen sog. "Fast-Lane-Antrag" zu stellen, um den Registrierungsbrief vorzeitig zu bekommen.
Die bloße Möglichkeit, den Versand der Registrierungsaufforderung durch einen "Fast-Lane-Antrag" zu beschleunigen, reicht allerdings nicht für die Entstehung der Nutzungspflicht aus. Die Bundessteuerberaterkammer ist allein zur Abwicklung des Versands der Registrierungsaufforderungen verpflichtet. Das Gesetz sieht insoweit keine Mitwirkungspflicht des einzelnen Berufsträgers zur Beschleunigung des Versands vor. Mit dieser Sichtweise ist der Senat nun anderen finanzgerichtlichen Entscheidungen entgegengetreten.
Für diese Ansicht spricht auch ein Vergleich mit Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, die nach § 52d Satz 1 der Finanzgerichtsordnung seit 2022 ohne weitere Voraussetzungen verpflichtet sind, das besondere Anwaltspostfach zu nutzen. Dass die Bundessteuerberaterkammer, die insoweit als Hoheitsträgerin handelt, erst im Laufe des ersten Quartals 2023 die Registrierungsaufforderungen sukzessive in mehreren Tranchen versandt hatte, konnte im Nachhinein nicht den einzelnen Berufsträgern angelastet werden.
Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich gerade nicht, dass die Nutzungspflicht nach der Vorstellung des Gesetzgebers abstrakt ab dem 1.1.2023 für sämtliche Berufsträger greift. Eine strengere abstrakte Auslegung verstößt auch gegen das verfassungsrechtlich garantierte Recht auf effektiven Rechtsschutz, da von den Steuerberaterinnen und Steuerberatern in Einzelfällen etwas faktisch Unmögliches gefordert würde. Wegen der uneinheitlichen finanzgerichtlichen Rechtsprechung wurde zu dieser Frage jedoch die Revision zugelassen.
Aktionsmodul Steuerrecht:
Mit dem Aktionsmodul stehen dem umfassend tätigen Steuerrechtspraktiker fünf Beratermodule zur Verfügung. Inklusive Selbststudium nach § 15 FAO. Wann immer es zeitlich passt: Für Fachanwälte bietet das Aktionsmodul Beiträge zum Selbststudium mit Lernerfolgskontrolle und Fortbildungszertifikat. 4 Wochen gratis nutzen!