26.09.2019

Konkretisierung des steuerlichen Abzugsverbots für (Kartell-)Geldbußen

Zwar ist die Bildung einer steuerwirksamen Rückstellung im Hinblick auf eine am maßgeblichen Bilanzstichtag noch nicht verhängte (aber angedrohte) Kartellgeldbuße möglich. Eine bei einer Bußgeldfestsetzung gewinnmindernd zu berücksichtigende "Abschöpfung" der aus der Tat erlangten Vorteile liegt allerdings nicht bereits dann vor, wenn die Geldbuße lediglich unter Heranziehung des tatbezogenen Umsatzes ermittelt wird und sich nicht auf einen konkreten Mehrerlös bezieht.

BFH v. 22.5.2019 - XI R 40/17
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine AG. Gegen sie und weitere Betroffene war im Streitjahr 2013 durch das Bundeskartellamt (BKartA) wegen unerlaubter Kartellabsprachen ermittelt worden. Im Rahmen eines Angebots zur einvernehmlichen Verfahrensbeendigung ("Settlement-Schreiben") teilte die Behörde im Juli 2013 die Absicht mit, ein Bußgeld in genau bezifferter Höhe festzusetzen. Im Februar 2014 verhängte das BKartA das Bußgeld in der angedrohten Höhe.

Die Klägerin bildete in ihrer Bilanz auf den 31.12.2013 wegen des angedrohten Bußgeldes eine handelsrechtliche Rückstellung; einen Teilbetrag davon berücksichtigte sie unter Hinweis auf § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 4 Halbsatz 1 EStG einkommensmindernd, da sie (insoweit) von einer sog. Bruttoabschöpfung ausging. Dem folgte das Finanzamt allerdings nicht. Es rechnete den streitgegenständlichen Rückstellungsbetrag dem Gewinn bzw. Gewerbeertrag hinzu.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auch die Revision der Klägerin vor dem BFH blieb ohne Erfolg.

Gründe:
Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass hinsichtlich der am Bilanzstichtag angedrohten und kurze Zeit später verhängten Geldbuße die Voraussetzungen für einen teilweisen Betriebsausgabenabzug nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 4 Halbsatz 1 EStG nicht gegeben sind. Da die Rückstellung für eine ungewisse Verbindlichkeit wie der betreffende Betriebsausgabenabzug selbst gleichen tatbestandlichen Voraussetzungen unterliegt, kommt die von der Klägerin im Streitfall begehrte Einkommens- und Gewerbeertragsminderung nicht in Betracht.

Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 1 EStG darf eine von einer inländischen Behörde festgesetzte Geldbuße den Gewinn nicht mindern. Dieses Abzugsverbot gilt nach Satz 4 Halbsatz 1 dieser Regelung allerdings nicht, soweit der wirtschaftliche Vorteil, der durch den Gesetzesverstoß erlangt wurde, abgeschöpft worden ist, wenn die Steuern vom Einkommen und Ertrag, die auf den wirtschaftlichen Vorteil entfallen, nicht abgezogen worden sind. Daher ist das Abzugsverbot bei einer sog. Bruttoabschöpfung nicht bzw. insoweit nicht anzuwenden, um eine doppelte Steuerbelastung auszuschließen.

Zwar ist die Bildung einer steuerwirksamen Rückstellung im Hinblick auf eine am maßgeblichen Bilanzstichtag noch nicht verhängte (aber angedrohte) Kartellgeldbuße - wie im vorliegenden Fall - möglich. Doch enthielt die angedrohte und dann auch festgesetzte Geldbuße im Streitfall aber überhaupt keinen Abschöpfungsteil. Hierfür reicht die Liquiditätsbelastung aufgrund des Bußgelds nämlich nicht aus. Die Geldbuße muss vielmehr auf die Abschöpfung eines konkreten Mehrerlöses bezogen sein. Vorliegend war ein "kartellbedingter" Gewinn aber nicht ermittelt worden. Die nur pauschale Berücksichtigung eines tatbezogenen Umsatzes reicht für die Annahme einer Abschöpfung nicht aus.

Linkhinweis:
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BFH PM Nr. 60 vom 26.9.2019
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