23.05.2012

Konkurrenten gemeinnütziger Vereine können vom Finanzamt Auskunft über einschlägige Steuersätze verlangen

Kommt ernstlich in Betracht, dass ein Unternehmen durch die rechtswidrige Besteuerung der konkurrierenden Leistungen eines gemeinnützigen Vereins mit einem ermäßigten Umsatzsteuersatz Wettbewerbsnachteile von erheblichem Gewicht erleidet, kann es unbeschadet des Steuergeheimnisses vom Finanzamt Auskunft über den für den Konkurrenten angewandten Steuersatz verlangen. Er darf nicht darauf verwiesen werden, den Rechtsschutz wegen der Besteuerung des Vereins in Anspruch zu nehmen, ohne zu wissen, ob überhaupt seine Rechte berührende Steuerverwaltungsakte ergangen sind.

BFH 26.1.2012, VII R 4/11
Der Sachverhalt:
Die Klägerin betreibt gewerbsmäßig u.a. den Transport von Blutkonserven, Blutproben, Organen sowie die Beförderung von Ärzteteams. Der Beigeladene, ein in der gleichen Region ansässiger und als gemeinnützig anerkannter Verein, hatte in den Jahren 2004 und 2005 gleichartige Leistungen erbracht und in den darüber ausgestellten Rechnungen zumindest teilweise einen ermäßigten Umsatzsteuersatz ausgewiesen.

Die Klägerin begehrte vom Finanzamt Auskunft darüber, ob auf die Leistungen des Beigeladenen der ermäßigte Umsatzsteuersatz angewandt wurde. Sie beantragte, ihr die Umsatzsteuerbescheide 2004 und 2005 des Beigeladenen zu übersenden, was die Steuerbehörde unter Hinweis auf das Steuergeheimnis ablehnte.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision des Finanzamtes blieb vor dem BFH erfolglos.

Die Gründe:
Der Klägerin stand der geltend gemachte Auskunftsanspruch zu.

Umsätze eines gemeinnützigen Vereins werden einem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterworfen, wenn es sich um die Tätigkeit eines sog. Zweckbetriebs handelt. Dieser darf zu anderen Betrieben ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb treten als es zur Erfüllung der gemeinnützigen Zwecke des Vereins unvermeidbar ist. Werden diese Voraussetzungen der steuerlichen Begünstigung des Vereins missachtet, kann dies für konkurrierende Unternehmen zu erheblichen Wettbewerbsnachteilen führen.

Infolgedessen kann der Konkurrent einer gemeinnützigen Körperschaft in solchen Fällen eine solche Auskunft verlangen. Er darf im Allgemeinen nicht darauf verwiesen werden, den Rechtsschutz wegen der Besteuerung des Vereins in Anspruch zu nehmen, ohne zu wissen, ob überhaupt seine Rechte berührende Steuerverwaltungsakte ergangen sind. Voraussetzung des Auskunftsanspruchs ist nur, dass eine unzutreffende Besteuerung und eine davon ausgehende erhebliche Beeinträchtigung des Unternehmens ernstlich in Betracht kommen. Erst im Rahmen einer ggf. erhobenen Konkurrentenklage ist zu entscheiden, ob ein Rechtsschutzanspruch des Unternehmens tatsächlich gegeben ist.

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BFH PM Nr. 35 vom 23.5.2012
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