Korrektur eines Steuerbescheids bei Abweichung zwischen Steuererklärung und "eDaten"
FG Düsseldorf 11.10.2016, 10 K 1715/16 EDer Kläger hatte im Streitjahr 2013 Arbeitslohn aus zwei Arbeitsverhältnissen bezogen, den er in seiner handschriftlich ausgefüllten Einkommensteuererklärung in zutreffender Höhe erfasste. Hingegen berücksichtigte das Finanzamt nur den Arbeitslohn aus einem der beiden Arbeitsverhältnisse. Der weitere Arbeitslohn, den der Kläger von einem Arbeitgeber mit Sitz in Niedersachsen bezogen hatte, fand im Steuerbescheid keine Berücksichtigung.
Nach Bestandskraft änderte das Finanzamt den Bescheid und berief sich auf eine offenbare Unrichtigkeit. Im Rahmen der Veranlagung sei nur eine landesweite programmgesteuerte Suche nach elektronischen Mitteilungen im "eSpeicher" erfolgt. Den elektronisch übermittelten Arbeitslohn habe der Sachbearbeiter per Mausklick aus den "eDaten" übernommen. Weitere elektronisch übermittelte Lohnsteuerbescheinigungen seien nicht vorhanden gewesen. Erst im Rahmen der Veranlagung für das Folgejahr sei eine Suche im bundesweiten Speicher erfolgt und der Fehler festgestellt worden.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Allerdings wurde im Hinblick auf die zunehmend elektronische Erfassung von Steuererklärungen zwecks Fortbildung des Rechts nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Das Finanzamt war berechtigt, den Bescheid zu ändern, denn bei der Nichtberücksichtigung der mitgeteilten Besteuerungsgrundlagen handelte es sich um eine offenbare Unrichtigkeit i.S.d. § 129 AO.
Nach § 129 S. 1 AO kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. "Ähnliche offenbare Unrichtigkeiten" sind einem Schreib- oder Rechenfehler ähnliche mechanische Versehen, die etwa bei Eingabe- oder Übertragungsfehlern vorliegen. Da der Wortlaut des § 129 S. 1 AO auf "offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind" abstellt, kommt es entscheidend auf die Umstände bei der Entscheidungsfindung und demzufolge vornehmlich auf den Akteninhalt an. Maßgebend ist deshalb, ob der Fehler bei Offenlegung des aktenkundigen Sachverhalts für jeden unvoreingenommenen (objektiven) Dritten klar und deutlich als offenbare Unrichtigkeit erkennbar ist.
Infolgedessen war im vorliegenden Fall für einen verständigen Dritten bei Einsichtnahme in die vorliegende Einkommensteuerakte ohne Weiteres ersichtlich, dass u.a. der in dem Steuerbescheid erfasste Arbeitslohn ohne erkennbaren Grund von den erklärten Angaben abwich. Es erschien zudem ausgeschlossen, dass der Sachbearbeiter rechtliche Erwägungen angestellt hatte. Ihm war offensichtlich gar nicht bewusst, dass der Kläger Arbeitslohn aus zwei Arbeitsverhältnissen bezogen hatte. Da er mithin davon ausgegangen war, sämtliche relevante Lohndaten durch den Datenabruf erfasst zu haben, lag ein bloßer Eingabefehler vor.
Dass dem Sachbearbeiter der Fehler bei sorgfältigerer Bearbeitung hätte auffallen müssen, führte zu keinem anderen Ergebnis. Eine Änderung wegen offenbarer Unrichtigkeit hängt nämlich nicht von Verschuldensfragen ab. Dementsprechend steht die oberflächliche Behandlung eines Steuerfalls der Berichtigung nicht entgegen. Letztlich mussten sich dem Sachbearbeiter im vorliegenden Fall auch keine Zweifel aufdrängen, da im Rahmen der Veranlagung insbesondere kein entsprechender Prüfhinweis erteilt worden war.
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