17.10.2017

Kosten einer Ärztin für einen häuslichen Behandlungsraum sind nicht abzugsfähig

Kosten für einen für Notfälle eingerichteten Behandlungsraum im privaten Wohnhaus einer Ärztin unterliegen dem Abzugsverbot für ein häusliches Arbeitszimmer. In der BFH-Rechtsprechung wird allerdings teilweise eine nach außen erkennbare Widmung der Räumlichkeiten für den Publikumsverkehr bzw. leichte Zugänglichkeit gefordert (z.B. Büro eines Versicherungsmaklers, Notfallpraxis), teilweise nicht (z.B. Tonstudio, Werkstatt, Warenlager).

FG Münster 14.7.2017, 6 K 2606/15 F
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist Augenärztin und betreibt zusammen mit drei weiteren Ärzten eine Gemeinschaftspraxis in Form einer GbR. Aus dieser Tätigkeit erzielt die GbR Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit, die der Klägerin anteilig zugerechnet werden. Zur Behandlung von Notfällen hatte die Klägerin im Keller ihres privaten Wohnhauses einen Raum mit Klappliege, Sehtafel, Medizinschrank, mehreren Stühlen und medizinischen Hilfsmitteln eingerichtet. Einen gesonderten Zugang hat dieser Raum nicht; er ist nur vom Flur des Wohnhauses aus erreichbar.

Die Klägerin machte die Aufwendungen für den Behandlungsraum als Sonderbetriebsausgaben im Rahmen der Feststellungserklärung für die Jahre 2010 bis 2012 der Gemeinschaftspraxis geltend. Das Finanzamt erkannte diese Aufwendungen allerdings nicht an, weil der Raum ein häusliches Arbeitszimmer darstelle. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zugelassen. Das Verfahren ist beim BFH unter dem Az. VIII R 11/17 anhängig.

Die Gründe:
Das Finanzamt hat zu Recht den Abzug der von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen für den streitrelevanten Notbehandlungsraum im Wohnhaus der Klägerin als Sonderbetriebsausgaben abgelehnt.

Gemäß § 4 Abs. 4 i.V.m. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG sind Betriebsausgaben einer Personengesellschaft die Ausgaben, die durch den Betrieb dieser Gesellschaft oder - als Sonderbetriebsausgaben - durch die Beteiligung der Gesellschafter an der Personengesellschaft veranlasst sind. Nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG dürfen Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer den Gewinn nicht mindern. Von einem häuslichen Arbeitszimmer i.S.d. genannten Vorschrift ist eine Betriebsstätte i.S.d. § 12 AO und ein "betriebsstättenähnlicher Raum" abzugrenzen, für die die Abzugsbeschränkungen des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG nicht gelten.

Die anteiligen Aufwendungen für den Behandlungsraum waren hier zwar betrieblich veranlasst. Sie unterlagen jedoch dem Abzugsverbot für häusliche Arbeitszimmer, denn eine ärztliche Notfallpraxis, die als betriebsstättenähnlicher Raum eingeordnet werden könnte, gibt es im vorliegenden Fall nicht. Schließlich verfügen die Räumlichkeiten nicht über einen separaten Eingang. Die Patienten müssen vielmehr die privaten Räumlichkeiten der Klägerin durchqueren.

Auf das Merkmal der leichten Zugänglichkeit konnte hier auch deshalb nicht verzichtet werden, weil der Raum nicht wie ein typisches Arbeitszimmer büromäßig eingerichtet ist. Durch die Einbindung in die Sphäre der Lebensführung konnte eine private Mitbenutzung nicht ausgeschlossen werden. Da der Klägerin in den Räumlichkeiten der Gemeinschaftspraxis unstreitig Behandlungsräume zur Verfügung standen, waren die Aufwendungen auch nicht begrenzt abzugsfähig. Allerdings wird die Frage, ob Aufwendungen für (ausschließlich) betrieblich genutzte Räume in privaten Wohnungen unbeschränkt abziehbar sind, in der BFH-Rechtsprechung in Bezug auf die Räume nach unterschiedlichen Maßstäben beantwortet. Teilweise wird eine nach außen erkennbare Widmung der Räumlichkeiten für den Publikumsverkehr bzw. leichte Zugänglichkeit gefordert (z.B. Büro eines Versicherungsmaklers, Notfallpraxis), teilweise nicht (z.B. Tonstudio, Werkstatt, Warenlager).

Linkhinweis:

FG Münster Newsletter vom 16.10.2017
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