16.12.2014

Kosten für die Anschaffung eines Aufzuges können außergewöhnliche Belastung darstellen

Es werden nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt, die zum Zweck der Heilung einer Krankheit oder mit dem Ziel getätigt werden, die Krankheit erträglich zu machen. Die BFH-Rechtsprechung fordert bei der Berücksichtigung von Krankheitskosten im Allgemeinen nicht die Prüfung, ob die Aufwendungen den Umständen nach notwendig waren und einen angemessenen Betrag übersteigen.

FG Köln 27.8.2014, 14 K 2517/12
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten stritten über die Berücksichtigung von Aufwendungen i.H.v. 65.000 € für den Einbau eines Fahrstuhls als krankheitsbedingte außergewöhnliche Belastungen i.S.v. § 33 EStG für das Streitjahr 2009. Ausweislich eines Schwerbehindertenausweises betrug der Grad der Behinderung des im Jahr 2012 im Alter von 92 Jahren verstorbenen Ehemanns der Klägerin seit über 20 Jahren 50%. Der die Klägerin behandelnde Arzt bestätigte in einem Attest, dass die Klägerin in ihrer Gehfähigkeit deutlich eingeschränkt sei und der Einbau eines Lifts im Privatwohnhaus medizinisch begründet sei. Sie vollendete im Jahr 2009 ihr 83. Lebensjahr.

Das Finanzamt berücksichtigte die geltend gemachten Aufwendungen für den Fahrstuhl nicht. Zur Begründung führte die Behörde aus, dass nach dem BFH-Urteil vom 25.1.2007 (Az.: III R 7/06) die Aufwendungen für den Fahrstuhl nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden könnten, weil die Klägerin und ihre Ehemann durch den nachträglichen Einbau einen Gegenwert erhielten.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt.

Die Gründe:
Die außergewöhnlichen Belastungen i.H.v. 65.000 € waren vor Abzug der zumutbaren Eigenbelastung nach § 33 EStG wie von der Klägerin beantragt zu berücksichtigen.

In ständiger Rechtsprechung geht der BFH davon aus, dass Krankheitskosten - ohne Rücksicht auf die Art und die Ursache der Erkrankung - dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Allerdings werden nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt, die zum Zweck der Heilung einer Krankheit oder mit dem Ziel getätigt werden, die Krankheit erträglich zu machen. Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens i.S.v. § 33 Abs. 1 SGB V sind jedoch nur solche technischen Hilfen, die getragen oder mit sich geführt werden können, um sich im jeweiligen Umfeld zu bewegen, zurechtzufinden und die elementaren Grundbedürfnisse des täglichen Lebens zu befriedigen. Fest in ein Haus oder eine Wohnung eingebaute technische Hilfen - wie ein Aufzug oder ein Treppenlift - fallen folglich nicht in den Anwendungsbereich des § 33 Abs. 1 SGB V.

Die Kläger hatten die medizinische Notwendigkeit der Aufwendungen für die Anschaffung des Aufzuges allerdings überzeugend nachgewiesen (s. Sachverhalt). Aufwendungen für medizinisch indizierte Maßnahmen sind typisierend als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen, ohne dass es im Einzelfall der nach § 33 Abs. 2 S. 1 EStG an sich gebotenen Prüfung der Zwangsläufigkeit bedarf. Weiter ist zu beachten, dass nicht nur das medizinisch Notwendige i.S. einer Mindestversorgung von der Heilanzeige erfasst wird. Medizinisch indiziert ist vielmehr jedes diagnostische oder therapeutische Verfahren, dessen Anwendung in einem Erkrankungsfall hinreichend gerechtfertigt (angezeigt) ist. Dieser medizinischen Wertung hat die steuerliche Beurteilung zu folgen, es sei denn, es liegt ein offensichtliches Missverhältnis zwischen dem erforderlichen und dem tatsächlichen Aufwand vor.

Entgegen der Ansicht des Finanzamtes lag kein für jedermann offensichtliches Missverhältnis zwischen dem erforderlichen und dem tatsächlichen Aufwand vor. Die BFH-Rechtsprechung fordert bei der Berücksichtigung von Krankheitskosten im Allgemeinen nicht die Prüfung, ob die Aufwendungen den Umständen nach notwendig waren und einen angemessenen Betrag übersteigen. Beanstandungen sind insoweit nur gerechtfertigt, wenn ein für jedermann offensichtliches Missverhältnis zwischen dem erforderlichen und dem tatsächlichen Aufwand vorliegt. Die Beteiligten hatten sich in der mündlichen Verhandlung dahingehend verständigt, dass für den Einbau eines Fahrstuhls 65.000 € angemessen i.S.d. § 33 EStG sind.

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FG Köln Newsletter v. 16.12.2014
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