Krankenversicherungsbeiträge nur für eine Basisabsicherung abziehbar
BFH 29.11.2017, X R 5/17Die sind zusammen veranlagte Eheleute. Sie waren im Streitjahr 2013 als Rentner in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert. Zusätzlich waren sie privat krankenversichert und entrichteten insoweit Beiträge, von denen ein Teil auf die Basisabsicherung entfiel.
Das Finanzamt berücksichtigte die Krankenversicherungsbeiträge als beschränkt abziehbare Sonderausgaben im Rahmen der Günstigerprüfung nach § 10 Abs. 4a EStG a.F. Dabei ließ es die Beiträge der Steuerpflichtigen zur privaten Krankenversicherung unberücksichtigt, soweit sie auf die Basisversorgung entfielen.
Im Einspruchsverfahren machten die Kläger u.a. geltend, die gesamten erklärten Basiskranken- und Pflegeversicherungsbeiträge einschließlich der in die private Krankenversicherung geleisteten Beiträge zur Basisabsicherung seien ohne Kürzung abziehbar, so dass es gar nicht zur Günstigerprüfung des § 10 Abs. 4a EStG komme. Das FG gab der Klage nur zu einem geringen Teil statt. Die Revision der Kläger blieb vor dem BFH erfolglos.
Gründe:
Es sind nur die in die gesetzliche Krankenkasse gezahlten Beiträge gem. § 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 1a EStG unbeschränkt abziehbar. Beiträge für eine weitere Basisabsicherung durch eine private Krankenversicherung können hingegen nicht geltend gemacht werden. Diese Beiträge können nur gem. § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG - allerdings in den Grenzen des § 10 Abs. 4 EstG - steuerlich berücksichtigt werden oder im Rahmen der Günstigerprüfung des § 10 Abs. 4a EStG.
Nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 1a S. 1 EStG sind Beiträge zu Krankenversicherungen als Sonderausgaben abziehbar, soweit diese zur Erlangung eines durch das SGB XII bestimmten sozialhilfegleichen Versorgungsniveaus erforderlich sind und sofern auf die Leistungen ein Anspruch besteht. Wann eine Erforderlichkeit anzunehmen ist, hat der Gesetzgeber für die unterschiedlichen Versichertengruppen in den folgenden Sätzen des § 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 1a EStG konkretisiert. Dort fehlt es zwar vordergründig an einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung für die im Streitfall gegebene Konstellation, in der ein Steuerpflichtiger Beiträge leistet, um sowohl in einer gesetzlichen Krankenkasse als auch in einer privaten Krankenversicherung Basisversicherungsschutz zu erlangen. Jedoch erlauben weder Systematik noch Sinn und Zweck des § 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 1a EStG einen Abzug der Beiträge für einen doppelten Basiskrankenversicherungsschutz.
In § 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 1a S. 1 EStG wird der Grundsatz normiert, dass Beiträge zu Krankenversicherungen als Sonderausgaben abziehbar sind, soweit diese zur Erlangung eines sozialhilfegleichen Versorgungsniveaus erforderlich sind. Entscheidendes Kriterium ist daher die Erforderlichkeit der Beiträge. Beiträge zur doppelten oder sogar mehrfachen Absicherung des verfassungsrechtlich gebotenen Versorgungsniveaus sind indes nicht erforderlich, da die Basisversorgung bereits durch eine Krankenversicherung gewährleistet ist.
Der Zweck des Bürgerentlastungsgesetzes Krankenversicherung ist es damit, die durch das Sozialstaatsprinzip geforderte steuerliche Verschonung des sog. sächlichen Existenzminimums zu gewährleisten und insoweit - aber auch nur insoweit - die dazu notwendigen Aufwendungen zum steuerlichen Abzug zuzulassen. Diesem Zweck widerspräche es, wenn es einem Steuerpflichtigen möglich wäre, durch den Abschluss mehrerer Krankenversicherungen eine über das Erforderliche hinausgehende Steuerverschonung zu erhalten. Es können damit nur die Beiträge für eine die Basiskrankenversorgung sichernde Krankenversicherung gem. § 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 1a EStG abgezogen werden.
Sind Steuerpflichtige - wie hier - in der gesetzlichen Krankenkasse pflichtversichert, beruhen sowohl die ihnen gewährten Leistungen als auch die Höhe der von ihnen zu zahlenden Beiträge auf einer gesetzlichen Anordnung, nämlich den Regelungen des SGB V. Diesem Gesetzesbefehl kann sich ein pflichtversicherter Steuerpflichtiger nicht entziehen. Seine diesbezüglichen Beiträge sind damit zur Erlangung des Basisversicherungsschutzes sowohl unvermeidbar als auch erforderlich. Demgegenüber ist der Abschluss einer weiteren Krankenversicherung unter diesen Umständen nicht notwendig und damit freiwillig.
Damit können die Kläger nur ihre Krankenversicherungsbeiträge in die gesetzliche Krankenkasse, nicht aber die Beiträge in die private Krankenversicherung gem. § 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 1a EStG abziehen. Ein Abzug der nicht als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge als außergewöhnliche Belastung (§ 33 EstG) ist ebenfalls ausgeschlossen. Denn § 33 Abs. 2 S. 2 EStG ordnet an, dass Aufwendungen, die zu den Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben gehören, bei der Ermittlung der außergewöhnlichen Belastungen außer Betracht zu bleiben haben. Dies bewirkt einen Nachrang der außergewöhnlichen Belastungen gegenüber den Sonderausgaben. Aufwendungen, die ihrer Art nach Sonderausgaben sind (hier: Krankenversicherungsbeiträge), können damit nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.
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