02.01.2015

Landzuteilung im Flurbereinigungsverfahren nur bei wertmäßiger Mehrzuteilung grunderwerbsteuerpflichtig

Eine Landzuteilung im Flurbereinigungsverfahren ist gem. § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Buchst. a GrEStG grunderwerbsteuerfrei, soweit der Wert der dem Teilnehmer bei Beendigung zugeteilten Grundstücke nicht den Wert der von ihm eingebrachten Grundstücke übersteigt. Dies gilt auch, wenn ein Teilnehmer der Flurbereinigung einerseits durch Landverzichtserklärung eines anderen Teilnehmers gem. § 52 Abs. 3 S. 2 FlurbG einen Abfindungsanspruch in Land erwirbt und zum anderen für von ihm selbst in das Flurbereinigungsverfahren eingebrachte Grundstücke zugunsten eines Dritten auf eine Abfindung in Land verzichtet.

BFH 22.10.2014, II R 10/14
Der Sachverhalt:
Die Klägerin war Teilnehmerin an einem Flurbereinigungsverfahren, in das sie Flächen in einer Größe von ca. 61 ha einbrachte. Der ebenfalls an dem Flurbereinigungsverfahren beteiligte E stimmte mit Erklärung nach § 52 FlurbG vom 10.5.2001 in einer Verhandlung vor der zuständigen Behörde zugunsten der Klägerin zu, für zwei eingebrachte Flurstücke statt in Land in Geld abgefunden zu werden. Die Klägerin verpflichtete sich, an E eine Geldabfindung von 14.820 DM (7.577 €) zu zahlen.

Gemäß der im Jahre 2009 ergangenen Ausführungsanordnung des Flurbereinigungsplans erhielt die Klägerin eine Fläche von ca. 21 ha. Die in der Landverzichtserklärung des E bezeichneten Flächen wurden der Klägerin nicht zugewiesen. Diese Flächen wurden jedoch bei der Berechnung der der Klägerin zustehenden Landabfindung durch Zuweisung von Ersatzgrundstücken berücksichtigt. Das Finanzamt setzte gegenüber der Klägerin für ihren Erwerb aus dem Flurbereinigungsverfahren Grunderwerbsteuer i.H.v. 265 € fest. Bemessungsgrundlage war die von der Klägerin an E gezahlte Geldabfindung von 7.577 €.

Das FG wies die Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück.

Die Gründe:
Das FG hat zwar zutreffend erkannt, dass die Landzuteilung an den Teilnehmer einer Flurbereinigung in dem Umfang, in dem zu seinen Gunsten ein Dritter einer Abfindung in Geld statt in Land zugestimmt hat, grundsätzlich nicht gem. § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Buchst. a GrEStG steuerbefreit ist. Das FG hat aber nicht berücksichtigt, dass diese Steuerbefreiung auf alle Landzuteilungen zugunsten des Teilnehmers anzuwenden ist, deren Wert nicht den Wert der vom Teilnehmer in das Flurbereinigungsverfahren eingebrachten Grundstücke überschreitet.

Für die Eigentumsübertragung auf die Klägerin war nicht schon deshalb Grunderwerbsteuer festzusetzen, weil sie aufgrund der zu ihren Gunsten erfolgten Landverzichtserklärung des E einen Anspruch auf Landabfindung erworben hat. Das Flurbereinigungsverfahren ist ein gesetzlich geregelter Grundstückstausch. Es wird beherrscht von dem Grundsatz der wertgleichen Abfindung. Jeder Teilnehmer des Flurbereinigungsverfahrens ist gem. § 44 FlurbG für seine Grundstücke unter Berücksichtigung der nach § 47 FlurbG vorgenommenen Abzüge mit Land von gleichem Wert (zur Wertermittlung vgl. §§ 27 ff. FlurbG) abzufinden. Die Abfindung erfolgt gem. § 44 Abs. 1 FlurbG grundsätzlich als Landabfindung. Ungeachtet eines etwaigen Wertausgleichs aufgrund in Geld auszugleichender unvermeidbarer Mehr- oder Minderausweisungen von Land (§ 44 Abs. 3 FlurbG) tritt die Landabfindung an die Stelle der alten Grundstücke (§ 68 Abs. 1 S. 1 FlurbG).

Der Verzicht auf Landabfindung gem. § 52 Abs. 1 FlurbG, durch den mit seiner Unwiderruflichkeit der Anspruch auf Abfindung in Land erlischt, kann "zugunsten eines bestimmten Dritten" erfolgen. Mit der späteren Eigentumszuweisung an den Dritten wird dessen auf § 44 FlurbG beruhender Abfindungsanspruch erfüllt. Dieser Erwerb wird zwar vom Wortlaut des § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Buchst. a GrEStG erfasst. Diese Vorschrift bedarf aber ausgehend von ihrem Zweck, den Erwerb des Eigentums durch die Abfindung in Land in dem Umfang von der Grunderwerbsteuer zu befreien, in dem der Teilnehmer eigenes Land hergeben musste, einer einschränkenden Auslegung.

Ausgehend davon ist die Eigentumszuweisung an einen Dritten, der erst durch den Landabfindungsverzicht eines Teilnehmers in das Flurbereinigungsverfahren einbezogen wurde, nicht gem. § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Buchst. a GrEStG steuerfrei. Dies muss grundsätzlich auch dann gelten, wenn der durch die Landverzichtserklärung begünstigte Dritte bereits Teilnehmer der Flurbereinigung war und aufgrund der Verzichtserklärung eine (weitere) Zuteilung von Land beanspruchen kann. In Ausnahme von diesen Rechtsgrundsätzen ist eine Landzuteilung im Flurbereinigungsverfahren gem. § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Buchst. a GrEStG dann grunderwerbsteuerfrei, wenn die vom Teilnehmer in das Flurbereinigungsverfahren eingebrachten Grundstücke ihrem Wert nach den diesem Teilnehmer bei Beendigung des Flurbereinigungsverfahrens zugeteilten Flächen entsprechen.

In diesem Fall ist für eine einschränkende Auslegung des § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Buchst. a GrEStG kein Raum. Das kann etwa der Fall sein, wenn ein Teilnehmer der Flurbereinigung einerseits durch Landverzichtserklärung eines anderen Teilnehmers gem. § 52 Abs. 3 S. 2 FlurbG einen Abfindungsanspruch in Land erwirbt und zum anderen für von ihm selbst in das Flurbereinigungsverfahren eingebrachte Grundstücke zugunsten eines Dritten auf eine Abfindung in Land verzichtet. In diesem Fall ist eine Eigentumszuweisung an den Teilnehmer aufgrund der Ausführungsanordnung zum Flurbereinigungsplan nur insoweit steuerpflichtig, als der Wert der zugeteilten Grundstücke den Wert der in die Flurbereinigung eingebrachten Grundstücke übersteigt.

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