31.08.2011

Leistungen der Altenhilfe eines gemeinnützigen Vereins im Rahmen des betreuten Wohnens unterliegen nicht der Umsatzsteuer

Erbringt ein gemeinnütziger Verein gegenüber Senioren im Rahmen des "betreuten Wohnens" ein Leistungsbündel, das durch die Leistungen der in § 75 BSHG (Altenhilfe) genannten Art geprägt wird, ist die einheitliche Leistung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG steuerfrei. Dies gilt auch dann, wenn der Verein insoweit nur gegenüber dem Vermieter der Seniorenwohnungen verpflichtet ist.

BFH 8.6.2011, XI R 22/09
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten streiten darum, ob vom Kläger im Bereich "betreutes Wohnen" im Jahr 1997 erbrachte sog. "Basisleistungen" steuerfrei sind. Der Kläger ist ein eingetragener Verein der freien Wohlfahrtspflege, der einem amtlich anerkannten Verband der freien Wohlfahrtspflege i.S.v. § 23 UStDV angeschlossen ist. Er schloss als sog. Betreiber mit der V-KG als Vermieterin im April 1997 für das Objekt E einen langfristigen Betreibervertrag ab.

Die V-KG vermietete Wohnungen. Sie schloss mit Senioren Mietverträge ab, bei denen neben der Vermietung der Wohnung die Erbringung sog. Basisleistungen zugesichert wurde. Darüber hinaus sicherte die V-KG den Bewohnern zu, dass der Kläger als Betreiber auch Zusatzleistungen erbringe. Das Leistungsspektrum des Klägers umfasste u.a. Sozial- und Gesundheitsbetreuung durch zeitweise, werktägliche Präsenz einer Fachkraft, Organisation von Veranstaltungen, Vermittlung von Dienstleistungen und Mahlzeitendienst. Die dafür von der V-KG vereinnahmten Betreuungsentgelte wurden an den Kläger weitergeleitet.

Das Finanzamt war im Anschluss an eine Betriebsprüfung der Auffassung, die Umsätze seien steuerpflichtig und unterlägen dem Regelsteuersatz. Es setzte die Umsatzsteuer entsprechend fest. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Klage. Er ist der Ansicht, die erbrachten Leistungen seien steuerfrei.

Das FG gab der Klage statt. Die hiergegen gerichtete Revision des Finanzamts hatte vor dem BFH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das FG hat für die vom Kläger im Rahmen des "betreuten Wohnens" erbrachten Basisleistungen im Ergebnis zu Recht eine Steuerfreiheit bejaht.

Dabei konnte offenbleiben, ob sich die Steuerfreiheit der Betreuungsumsätze aus dem nationalen Umsatzsteuerrecht ergibt (§ 4 Nr. 18 UStG). Jedenfalls kann sich der Verein unmittelbar auf eine unionsrechtliche Regelung berufen (Art 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG). Danach genügt es, wenn Leistungen erbracht werden, die eng mit der Fürsorge oder der sozialen Sicherheit verbunden sind, und dass diese Leistungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder von Einrichtungen erbracht werden, die vom Mitgliedstaat als solche mit im Wesentlichen sozialen Charakter anerkannt wurden.

Die vom Kläger erbrachten - einheitlich zu beurteilenden - Leistungen sind eng mit der Fürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden, weil sie geprägt sind durch Elemente, die unter die Altenhilfe fallen und gegenüber hilfsbedürftigen Personen erbracht werden. Es ist unschädlich, dass der Verein den Vertrag nur mit dem Vermieter geschlossen hat, solange die Betreuungsleistungen tatsächlich gegenüber den hilfsbedürftigen Personen erbracht wurden. Die erforderliche Anerkennung des Vereins ist dadurch gewährleistet, dass Kosten für die Leistungen der Altenhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz von Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit übernommen werden.

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BFH PM Nr. 69 vom 31.8.2011
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