07.09.2023

Leistungen Dritter als grunderwerbsteuerrechtliche Gegenleistung

1. Zur Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer gehören bei der Veräu­ßerung eines Grundstücks an eine Gesellschaft nach § 9 Abs. 2 Nr. 4 des Grunderwerbsteuergesetzes auch Leistungen eines Dritten an den Grund­stücksveräußerer für den Erwerb von Anteilen an der künftig grundbesitzenden Gesellschaft, wenn der Hauptzweck dieser Leistungen darin besteht, den Grundstücksveräußerer zur Übertragung des Grundstücks an die Gesellschaft zu veranlassen.
2. Es liegt grunderwerbsteuerrechtlich keine Doppelbesteuerung vor, da es sich bei dem Grundstücks- und Anteilserwerb um verschiedene Erwerbsvor­gänge handelt.

Kurzbesprechung
BFH v. 25.4.2023 - II R 19/20

GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 1 Abs. 3, § 8 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 4; BGB § 133, § 157

Im Streitfall hatte die Klägerin ein Grundstück erworben. Der dafür entrichtete Kaufpreis lag sehr deutlich unter dem von den Beteiligten übereinstimmend angenommenen Wert des Grundstücks. Gleichzeitig zahlten zwei weitere Gesellschaften den Differenzbetrag zu diesem Wert an die Übertragerin für den Erwerb von 94,9% der Anteile an einer entsprechenden Immobiliengesellschaft. Die Klägerin vertrat die Auffassung, In Bezug auf den Verkauf des Objekts an die Klägerin sei es grunderwerb­steuerrechtlich nicht notwendig gewesen, dass der Kaufpreis dem vollen Wert des Grundstücks entsprochen habe. Der Gesetzgeber habe die Übertragung eines Grundstücks zu einem unter dem Verkehrswert liegenden Preis nicht unter­bunden.

Dem ist der BFH nicht gefolgt. Bei einem Grundstückskauf gelte nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG als Gegenleis­tung der Kaufpreis. Zum Kaufpreis gehöre alles, was der Käufer vereinba­rungsgemäß an den Verkäufer leisten muss, um den Kaufgegenstand zu erhal­ten Auch ein im Verhältnis zum Grundstücks­wert niedriger Kaufpreis kann als Gegenleistung nach § 8 Abs. 1 GrEStG anzu­sehen sein.

Allerdings gehörten gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 4 GrEStG zur Gegenleistung auch Leistun­gen, die ein anderer als der Erwerber des Grundstücks dem Veräußerer als Ge­genleistung dafür gewährt, dass der Veräußerer dem Erwerber das Grundstück überlässt. Die Leistung des Dritten müsse demnach in ihrem Hauptzweck darauf gerichtet sein, dass der Verkäufer das Grundstück dem Erwerber überlässt.

Für die Bestimmung der Gegenleistung sei nicht maßgebend, was die Ver­tragschließenden als Gegenleistung für das Grundstück bezeichnen, sondern zu welchen Leistungen sie sich tatsächlich verpflichtet haben. Das FG sei bei der Auslegung der entsprechenden Verträge zu dem Schluss ge­langt, dass Hauptzweck sämtlicher Leistungen der Beteiligten an die Übertragerin gewesen sei, diese zu veranlassen, das Eigentum am auf die Klägerin zu übertragen.

Nicht entscheidungserheblich sei entgegen der Auffassung der Klägerin, dass als Gegenleistung für einen Rechtsvorgang nach § 1 Abs. 1 GrEStG auch ein ernsthaft vereinbarter Kaufpreis anerkannt werden kann, der unter dem Verkehrswert des übertragenen Grundstücks liegt.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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