Liposuktion bei Lipödem: Erleichterter Abzug außergewöhnlicher Belastungen
Sächsisches FG v. 10.9.2020 - 3 K 1498/18
Der Sachverhalt:
Die Klägerin litt seit vielen Jahren unter einem Lipödem des Stadiums I und ließ im Jahr 2017 auf ärztliche Empfehlung eine Liposuktion durchführen, die von ihrer Krankenkasse nicht bezahlt wurde. Auch das Finanzamt verweigerte die Anerkennung der (fünftstelligen) Kosten als außergewöhnliche Belastung, weil die Liposuktion bei Lipödem eine "wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode" sei und die Klägerin nicht - wie bei solchen Methoden gesetzlich gefordert - vor der Operation ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes einer Krankenversicherung eingeholt habe. Damit folgte das Finanzamt der bisherigen Rechtsprechung.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Revision zum BFH wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Die Gründe:
Der Stand der Wissenschaft im Jahr 2017 hat sich gewandelt: Die Liposuktion bei Lipödem ist keine Schönheitsoperation, sondern dient der Linderung der durch die Erkrankung verursachten Beschwerden und der Vermeidung von Folgeerkrankungen. Die Liposuktion wird von nahezu allen mit dieser Krankheit befassten Wissenschaftlern als risikoarme Behandlungsmethode angesehen, von der die Patientinnen profitieren. Es handele sich nicht (mehr) um eine "wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode", so dass ein ärztliches Attest ausreicht. Zur Begründung dieser Ansicht dienen die in der medizinischen Fachpresse veröffentlichen Beiträge und die gegenüber dem Gemeinsamen Bundesausschuss im Verfahren zur Beurteilung der Liposuktion abgegebenen Stellungnahmen.
Auch wenn nach den Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 20.7.2017 und 19.9.2019 eine Liposuktion bis zum Abschluss der beschlossenen Erprobungsstudie weiterhin in der Regel keine Kassenleistung sein dürfte, können die Kosten nunmehr leichter steuerlich anerkannt werden. Es handelt sich aber um eine Einzelfallentscheidung, die von den Finanzämtern nicht auf gleichgelagerte Fälle angewandt werden muss.
Sächsisches FG PM vom 21.10.2020
Die Klägerin litt seit vielen Jahren unter einem Lipödem des Stadiums I und ließ im Jahr 2017 auf ärztliche Empfehlung eine Liposuktion durchführen, die von ihrer Krankenkasse nicht bezahlt wurde. Auch das Finanzamt verweigerte die Anerkennung der (fünftstelligen) Kosten als außergewöhnliche Belastung, weil die Liposuktion bei Lipödem eine "wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode" sei und die Klägerin nicht - wie bei solchen Methoden gesetzlich gefordert - vor der Operation ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes einer Krankenversicherung eingeholt habe. Damit folgte das Finanzamt der bisherigen Rechtsprechung.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Revision zum BFH wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Die Gründe:
Der Stand der Wissenschaft im Jahr 2017 hat sich gewandelt: Die Liposuktion bei Lipödem ist keine Schönheitsoperation, sondern dient der Linderung der durch die Erkrankung verursachten Beschwerden und der Vermeidung von Folgeerkrankungen. Die Liposuktion wird von nahezu allen mit dieser Krankheit befassten Wissenschaftlern als risikoarme Behandlungsmethode angesehen, von der die Patientinnen profitieren. Es handele sich nicht (mehr) um eine "wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode", so dass ein ärztliches Attest ausreicht. Zur Begründung dieser Ansicht dienen die in der medizinischen Fachpresse veröffentlichen Beiträge und die gegenüber dem Gemeinsamen Bundesausschuss im Verfahren zur Beurteilung der Liposuktion abgegebenen Stellungnahmen.
Auch wenn nach den Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 20.7.2017 und 19.9.2019 eine Liposuktion bis zum Abschluss der beschlossenen Erprobungsstudie weiterhin in der Regel keine Kassenleistung sein dürfte, können die Kosten nunmehr leichter steuerlich anerkannt werden. Es handelt sich aber um eine Einzelfallentscheidung, die von den Finanzämtern nicht auf gleichgelagerte Fälle angewandt werden muss.