12.03.2020

Maßgebende Steuerklasse beim Erwerb vom biologischen Vater

Erbt ein Kind von seinem biologischen Vater, findet auf das Erbe nicht die für Kinder günstige Steuerklasse I Anwendung, sondern es wird nach der Steuerklasse III besteuert. Dasselbe gilt, wenn der biologische Vater seinem Kind zu Lebzeiten eine Schenkung macht.

Kurzbesprechung
BFH v. 5.12.2019 - II R 5/17

ErbStG § 15 Abs. 1 Steuerklasse I Nr. 2, Steuerklasse III, Abs. 1a
BGB § 1589 Abs. 1 Satz 1, § 1592, § 1686a
GG Art. 6 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1
EMRK Art. 8, Art. 14


§ 15 Abs. 1 Steuerklasse I Nr. 2 ErbStG sieht vor, dass auf Kinder und Stiefkinder die Steuerklasse I anzuwenden ist. In dieser Klasse fällt bei einem Erwerb bis 75.000 € eine Steuer in Höhe von 7 % an. In der Steuerklasse III sind dafür bereits 30 % Steuer zu zahlen. Besser kommen Kinder auch bei den Freibeträgen weg. Sie erhalten 400.000€, bei Steuerklasse III hingegen lediglich 20.000 €.

Im Streitfall war der Steuerpflichtige der leibliche, aber nicht der rechtliche Vater. Der Steuerpflichtige war also der sog. biologische Vater seiner Tochter. Der rechtliche Vater war ein anderer Mann, mit dem die Mutter zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes verheiratet war. Der Steuerpflichtige schenkte seiner leiblichen Tochter 30.000 € und beantragte beim FA die Anwendung der günstigen Steuerklasse I.

Das FA lehnte dies mit dem Hinweis ab, die Steuerklasse I finde nur im Verhältnis der Tochter zu ihrem rechtlichen Vater Anwendung. Rechtlicher Vater sei aber der Ehemann der Mutter und nicht der Steuerpflichtige.

Das FG gab dem Steuerpflichtigen Recht. Es gebe keinen Grund, die einschlägige Bestimmung des § 15 Abs. 1 Steuerklasse I Nr. 2 ErbStG nach den zivilrechtlichen Regelungen eng auszulegen und nur den Erwerb vom rechtlichen Vater zu privilegieren.

Auf die Revision des FA hin hob der BFH jedoch die Vorentscheidung auf. Für die Steuerklasseneinteilung nach § 15 Abs. 1 ErbStG sind die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften der §§ 1589 ff. BGB über die Abstammung und Verwandtschaft maßgebend. Diese unterscheiden zwischen dem rechtlichen Vater und dem biologischen Vater und akzeptieren, dass die rechtliche und die biologische Vaterschaft auseinander fallen können. Nur der rechtliche Vater hat gegenüber dem Kind Pflichten, wie zum Beispiel zur Zahlung von Unterhalt. Außerdem ist das Kind nur gegenüber seinem rechtlichen, nicht aber seinem biologischen Vater erb- und pflichtteilsberechtigt.

Dies rechtfertigt es, den rechtlichen Vater auch für die Erbschaft- und Schenkungsteuer finanziell besser zu stellen. Könnte ein Kind von seinem rechtlichen und zugleich von seinem biologischen Vater nach der Steuerklasse I erwerben, wäre dies schließlich eine Besserstellung gegenüber Kindern, die, wie in den allermeisten Fällen, nur "einen einzigen" Vater haben und nur von diesem steuergünstig erwerben können.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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