Mausoleum als Nachlassverbindlichkeit?
FG München 23.3.2020, 4 K 2077/19
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist aufgrund gesetzlicher Erbfolge der Alleinerbe seines verstorbenen Bruders. Der Erblasser wurde 2017 bestattet. Die Kosten für das Grabdenkmal betrugen 9.300 €. Ausgehend von der Erbschaftsteuererklärung setzte das Finanzamt mit Erbschaftsteuerbescheid die Erbschaftsteuer i.H.v. rd. 135.000 € fest. Hierbei ließ es Bestattungskosten i.H.v. rd. 6.000 € sowie Grabpflegekosten i.H.v. rd. 3.000 € als Nachlassverbindlichkeiten steuermindernd zum Abzug zu. Der o.g. Bescheid erging vorläufig i.S.d. § 165 Abs. 1 der Satz 1 AO hinsichtlich der Erbfallkosten, insbesondere der Kosten für ein Grabdenkmal.
Gegen den Bescheid legte der Kläger Einspruch ein und beantragte den Abzug von Kosten für die Erstellung eines Mausoleums i.H.v. 420.000 € als Nachlassverbindlichkeit. Das Finanzamt setzte unter Berufung auf § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO die Erbschaftsteuer auf rd. 134.000 € herab. Hierbei ließ es erstmals Kosten für ein Grabdenkmal i.H.v. 9.300 € als Nachlassverbindlichkeit zum Abzug zu, die Kosten für das Mausoleum berücksichtigte es nicht.
Der Kläger ist der Ansicht, die Kosten für das Mausoleum seien nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG, jedenfalls nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig. Er, der Kläger, sei seinem Bruder, dem Erblasser sowohl vertraglich als auch sittlich-moralisch verpflichtet gewesen, das versprochene Mausoleum zu errichten. Auch sei das Mausoleum Teil der "Erstanlage der Grabstätte" des Erblassers. Auch seien die Kosten für die Errichtung des Mausoleums angemessen, da der Erblasser keine Kinder habe und sein islamischer Glaube mit einem solchem Baudenkmal in Einklang stehe. Da er bereits 80.000 € für das Baudenkmal bezahlt habe, sei dieser Betrag steuermindernd bei der Erbschaftsteuerfestsetzung zu berücksichtigen und hinsichtlich des (noch nicht bezahlten) Restbetrags i.H.v. 340.000 € sei der Vorläufigkeitsvermerk aufrechtzuerhalten.
Das FG wies die Klage ab. Die Revision zum BFH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und zur Fortbildung des Rechts zugelassen.
Die Gründe:
Die Kosten für die Errichtung des Mausoleums sind erbschaftsteuerrechtlich nicht abzugsfähig.
Gem. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG sind vom Erwerb des Erben die vom Erblasser herrührenden persönlichen Verbindlichkeiten, die gem. § 1922 Abs. 1 BGB, § 45 Abs. 1 AO auf die Erben übergegangen sind, als Nachlassverbindlichkeiten abzuziehen. Weiterhin sind gem. § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG vom Erwerb des Erben abzugsfähig Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen, Auflagen und geltend gemachten Pflichtteilen und Erbersatzansprüchen. Und schließlich sind gem. § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG u.a. die Kosten der Bestattung des Erblassers, die Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal sowie die Kosten für die übliche Grabpflege mit ihrem Kapitalwert für eine unbestimmte abzugsfähig. Für diese Kosten wird insgesamt ein Betrag von 10.300 € ohne Nachweis abgezogen (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2) ErbStG. Dieser Pauschbetrag ist immer dann anzusetzen, wenn wie im Streitfall keine höheren Kosten nachgewiesen werden.
Der Tatbestand des § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG scheidet aus, da der Vertrag zur Errichtung des Mausoleums erst mehr als zwei Jahre nach dem Tod des Erblassers abgeschlossen worden ist. Damit können die Kosten für die Errichtung des Mausoleums nicht als Nachlassverbindlichkeiten nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG abgezogen werden, da im Todeszeitpunkt die Verbindlichkeit weder rechtlich bestanden hat noch der Erblasser wirtschaftlich belastet worden ist. Auch können die Baukosten für das Mausoleum nicht nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG als Nachlassverbindlichkeiten abgezogen werden, da (aufgrund testamentarischer Erbfolge) weder eine testamentarische Auflage vorliegt noch neben dem Tatbestand des § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG der Anwendungsbereich des § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG eröffnet ist.
Schließlich können die Baukosten für das Mausoleum auch nicht nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG als Nachlassverbindlichkeiten abgezogen werden. So können nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG zwar die Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal als Nachlassverbindlichkeiten abgezogen werden. Jedoch kann - bei wörtlicher Auslegung der Vorschrift - hierbei nur die Erstanlage der Grabstätte (u.a. Grabstein, Grabeinfassung) gemeint sein. Da der Erblasser bereits zeitnah nach seinem Tod in einem Grab bestattet worden ist und das Finanzamt auch die hierbei angefallenen Kosten i.H.v. 9.300 € zum Abzug zugelassen hat, scheidet der Abzug von Kosten einer weiteren Zweitgrabstätte (hier: Mausoleum) schon dem Grunde nach aus. Des Weiteren sind die Kosten des Mausoleums i.H.v. 420.000 € auch nicht angemessen im Vergleich zur Höhe des Nachlassvermögens (rd. 550.000 €). Dass durch die Nichtabzugsfähigkeit der geltend gemachten Kosten für das Mausoleum die Religionsfreiheit (Art. 4 Abs. 1 GG, Art. 9 Abs. 1 EMRK) verletzt sein könnten, ist nicht zu erkennen.
Bayern.Recht
Der Kläger ist aufgrund gesetzlicher Erbfolge der Alleinerbe seines verstorbenen Bruders. Der Erblasser wurde 2017 bestattet. Die Kosten für das Grabdenkmal betrugen 9.300 €. Ausgehend von der Erbschaftsteuererklärung setzte das Finanzamt mit Erbschaftsteuerbescheid die Erbschaftsteuer i.H.v. rd. 135.000 € fest. Hierbei ließ es Bestattungskosten i.H.v. rd. 6.000 € sowie Grabpflegekosten i.H.v. rd. 3.000 € als Nachlassverbindlichkeiten steuermindernd zum Abzug zu. Der o.g. Bescheid erging vorläufig i.S.d. § 165 Abs. 1 der Satz 1 AO hinsichtlich der Erbfallkosten, insbesondere der Kosten für ein Grabdenkmal.
Gegen den Bescheid legte der Kläger Einspruch ein und beantragte den Abzug von Kosten für die Erstellung eines Mausoleums i.H.v. 420.000 € als Nachlassverbindlichkeit. Das Finanzamt setzte unter Berufung auf § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO die Erbschaftsteuer auf rd. 134.000 € herab. Hierbei ließ es erstmals Kosten für ein Grabdenkmal i.H.v. 9.300 € als Nachlassverbindlichkeit zum Abzug zu, die Kosten für das Mausoleum berücksichtigte es nicht.
Der Kläger ist der Ansicht, die Kosten für das Mausoleum seien nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG, jedenfalls nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig. Er, der Kläger, sei seinem Bruder, dem Erblasser sowohl vertraglich als auch sittlich-moralisch verpflichtet gewesen, das versprochene Mausoleum zu errichten. Auch sei das Mausoleum Teil der "Erstanlage der Grabstätte" des Erblassers. Auch seien die Kosten für die Errichtung des Mausoleums angemessen, da der Erblasser keine Kinder habe und sein islamischer Glaube mit einem solchem Baudenkmal in Einklang stehe. Da er bereits 80.000 € für das Baudenkmal bezahlt habe, sei dieser Betrag steuermindernd bei der Erbschaftsteuerfestsetzung zu berücksichtigen und hinsichtlich des (noch nicht bezahlten) Restbetrags i.H.v. 340.000 € sei der Vorläufigkeitsvermerk aufrechtzuerhalten.
Das FG wies die Klage ab. Die Revision zum BFH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und zur Fortbildung des Rechts zugelassen.
Die Gründe:
Die Kosten für die Errichtung des Mausoleums sind erbschaftsteuerrechtlich nicht abzugsfähig.
Gem. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG sind vom Erwerb des Erben die vom Erblasser herrührenden persönlichen Verbindlichkeiten, die gem. § 1922 Abs. 1 BGB, § 45 Abs. 1 AO auf die Erben übergegangen sind, als Nachlassverbindlichkeiten abzuziehen. Weiterhin sind gem. § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG vom Erwerb des Erben abzugsfähig Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen, Auflagen und geltend gemachten Pflichtteilen und Erbersatzansprüchen. Und schließlich sind gem. § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG u.a. die Kosten der Bestattung des Erblassers, die Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal sowie die Kosten für die übliche Grabpflege mit ihrem Kapitalwert für eine unbestimmte abzugsfähig. Für diese Kosten wird insgesamt ein Betrag von 10.300 € ohne Nachweis abgezogen (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2) ErbStG. Dieser Pauschbetrag ist immer dann anzusetzen, wenn wie im Streitfall keine höheren Kosten nachgewiesen werden.
Der Tatbestand des § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG scheidet aus, da der Vertrag zur Errichtung des Mausoleums erst mehr als zwei Jahre nach dem Tod des Erblassers abgeschlossen worden ist. Damit können die Kosten für die Errichtung des Mausoleums nicht als Nachlassverbindlichkeiten nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG abgezogen werden, da im Todeszeitpunkt die Verbindlichkeit weder rechtlich bestanden hat noch der Erblasser wirtschaftlich belastet worden ist. Auch können die Baukosten für das Mausoleum nicht nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG als Nachlassverbindlichkeiten abgezogen werden, da (aufgrund testamentarischer Erbfolge) weder eine testamentarische Auflage vorliegt noch neben dem Tatbestand des § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG der Anwendungsbereich des § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG eröffnet ist.
Schließlich können die Baukosten für das Mausoleum auch nicht nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG als Nachlassverbindlichkeiten abgezogen werden. So können nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG zwar die Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal als Nachlassverbindlichkeiten abgezogen werden. Jedoch kann - bei wörtlicher Auslegung der Vorschrift - hierbei nur die Erstanlage der Grabstätte (u.a. Grabstein, Grabeinfassung) gemeint sein. Da der Erblasser bereits zeitnah nach seinem Tod in einem Grab bestattet worden ist und das Finanzamt auch die hierbei angefallenen Kosten i.H.v. 9.300 € zum Abzug zugelassen hat, scheidet der Abzug von Kosten einer weiteren Zweitgrabstätte (hier: Mausoleum) schon dem Grunde nach aus. Des Weiteren sind die Kosten des Mausoleums i.H.v. 420.000 € auch nicht angemessen im Vergleich zur Höhe des Nachlassvermögens (rd. 550.000 €). Dass durch die Nichtabzugsfähigkeit der geltend gemachten Kosten für das Mausoleum die Religionsfreiheit (Art. 4 Abs. 1 GG, Art. 9 Abs. 1 EMRK) verletzt sein könnten, ist nicht zu erkennen.