Mitunternehmer bei nur kurzfristiger Kommanditistenstellung
BFH 22.6.2017, IV R 42/13Die Klägerin, eine zwischenzeitlich in Liquidation befindliche KG, erwarb und veräußerte im Streitjahr 2008 Anteile an einer KG, bei der es sich um einen Publikumsfonds handelte, an dem ein Teil der Zeichner mittelbar über eine Treuhand-Kommanditistin und ein anderer Teil unmittelbar als Kommanditisten beteiligt waren. Unternehmensgegenstand war der Bau und Betrieb eines Containerschiffs.
Die Klägerin erwarb im Streitjahr 2008 Kommanditanteile an der KG von mehreren Kommanditisten der KG. Die Kaufverträge waren jeweils gleichartig gestaltet und unterschieden sich lediglich hinsichtlich der Beteiligungshöhe und des Datums der Abtretung. Noch im selben Jahr veräußerte die Klägerin diese angekauften Anteile wieder.
Streitig war nun, ob die Klägerin infolge des Erwerbs der KG - Anteile Mitunternehmerin der KG geworden war. Das Finanzamt verneinte dies und lehnte es daher ab, die Klägerin in die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der KG für 2008 einzubeziehen.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision des Finanzamts hatte vor dem BFH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Die Klägerin ist in 2008 Mitunternehmerin geworden und hatte auch die erforderliche Gewinnerzielungsabsicht. Es liegt auch kein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten i.S.v. § 42 AO vor.
Die Klägerin war bereits deshalb Mitunternehmerin der KG, weil sie infolge des Erwerbs von Kommanditanteilen Gesellschafterin der KG mit sämtlichen nach dem Gesellschaftsvertrag für Kommanditisten vorgesehenen Rechten und Pflichten geworden war. Zudem erwarb sie die Mitunternehmerstellung auch für einen Zeitraum, in dem die betreffenden Kommanditanteile ihr gesellschaftsrechtlich noch nicht zustanden. Mit Abschluss der Kaufverträge hatte sie bereits eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb der Anteile gerichtete Position erworben, die ihr gegen ihren Willen nicht mehr entzogen werden konnte. Sie trug auch Mitunternehmerrisiko und konnte Mitunternehmerinitiative entfalten. In Bezug auf die Mitunternehmerinitiative waren die wesentlichen handelsrechtlichen Befugnisse eines Kommanditisten durch den Gesellschaftsvertrag der KG nicht abbedungen.
Aus der gesellschaftsrechtlichen Stellung ergab sich auch ein ausreichendes Mitunternehmerrisiko der Kommanditisten der KG. Diese nahmen nicht nur am laufenden Gewinn, sondern auch an den Wertsteigerungen des Betriebsvermögens der KG teil. Die Klägerin war mit Abschluss des Übertragungsvertrags in die Mitunternehmerstellung der Veräußerer eingetreten. Die mit den Anteilen verbundenen wesentlichen Rechte und Pflichten gingen nach den getroffenen vertraglichen Vereinbarungen mit dem Übertragungsstichtag auf sie über. Von diesem Tag an gebührten ihr sämtliche "Ausschüttungen" und sonstigen Ansprüche aus den Beteiligungen, denn die Verkäufer traten diese Ansprüche bereits mit Abschluss der Kaufverträge an die Klägerin ab. Die Klägerin trug damit Mitunternehmerrisiko. Außerdem konnte sie auch Mitunternehmerinitiative entfalten. Denn sie war aufgrund unwiderruflicher Vollmacht ermächtigt, alle sich aus den Beteiligungen ergebenden Rechte auszuüben und alle Handlungen vorzunehmen, die aus ihrer Sicht zur Erhaltung und Wertsteigerung der Beteiligungen sinnvoll sind.
Diese Regelung vermittelte ihr die Rechtsmacht, sämtliche Befugnisse eines Kommanditisten wahrzunehmen. Die Vollmacht bestand bereits mit Abschluss des Kaufvertrags. Von diesem Tag an war sie in der Lage, - im Namen der Vollmachtgeber - an außergewöhnlichen Geschäften der KG mitzuwirken, Geschäftsunterlagen einzusehen und in der Gesellschafterversammlung abzustimmen, ohne dass es des Einverständnisses der Komplementärin bedurft hätte. Die vorliegenden Vertragsgestaltungen sind auch nicht als gestaltungsmissbräuchlich i.S.d. §42 AO anzusehen, insbesondere lag keine unangemessene, zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führende Gestaltung vor. Eine solche lag insbesondere nicht darin, dass die Klägerin Zwischenerwerberin von Anteilen an der KG war, anstatt als Vermittlerin zwischen Veräußerern und Erwerberin aufzutreten.
Zwar geht der bei der Weiterveräußerung entstandene Gewinn in dem pauschal nach der Tonnage ermittelten Gewinn auf (§ 5a Abs. 5 S. 1 i.V.m. Abs. 1 EStG), während eine Vermittlungsprovision nach allgemeinen Gewinnermittlungsgrundsätzen zu Einkünften der Klägerin aus Gewerbebetrieb geführt hätte. Dies ist jedoch im System der Tonnagegewinnermittlung angelegt und deshalb kein vom Gesetz nicht vorgesehener Steuervorteil. Nach § 5a Abs. 5 i.V.m. Abs. 1 EStG umfasst der pauschal ermittelte Gewinn auch Gewinne aus der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen nach § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG. Eine Mindestbeteiligungsdauer ist dort ebenso wenig wie in § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG vorgesehen. Da der Klägerin seine Verhältnisse so gestalten darf, dass keine oder möglichst geringe Steuern anfallen, und dabei zivilrechtliche Gestaltungen, die vom Gesetz vorgesehen sind, frei verwenden kann, war die Steuerpflichtige nicht gehalten, als bloße Vermittlerin tätig zu werden.
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