Mitwirkung des Bundesministeriums der Finanzen bei Billigkeitsmaßnahmen bei der Festsetzung oder Erhebung von Steuern, die von den Landesfinanzbehörden im Auftrag des Bundes verwaltet werden
BMF-SchreibenAO §§ 163, 222, 227
Die obersten Finanzbehörden der Länder müssen in folgenden Fällen die vorherige Zustimmung des BMF einholen:
- bei Stundungen nach § 222 AO und § 6 Abs. 4 AStG, wenn der zu stundende Betrag höher ist als 500.000 Euro und für einen Zeitraum von mehr als 12 Monaten gestundet werden soll;
- bei Erlassen nach § 227 AO, wenn der Betrag, der erlassen (erstattet, angerechnet) werden soll, 200.000 Euro übersteigt;
- bei abweichender Festsetzung nach § 163 Abs. 1 Satz 1 AO, wenn der Betrag, um den abweichend festgesetzt werden soll, 200.000 Euro übersteigt;
- bei Maßnahmen nach § 163 Abs. 1 Satz 2 AO, wenn die Höhe der Besteuerungsgrundlagen, die nicht in dem gesetzlich bestimmten Veranlagungszeitraum berücksichtigt werden sollen, 400.000 Euro übersteigt;
- bei Billigkeitsrichtlinien der obersten Finanzbehörden der Länder, die die abweichende Festsetzung, die Stundung oder den Erlass betreffen und sich auf eine Mehrzahl von Fällen beziehen. Vertrauensschutz und Treu und Glauben gelten als Billigkeitsgründe im Sinne der §§ 163, 222, 227 AO.
Die Zustimmung des Bundesministeriums der Finanzen ist dagegen nicht einzuholen, wenn
- einem außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplan zugestimmt werden soll,
- eine Billigkeitsmaßnahme über Insolvenzforderungen im Verbraucherinsolvenz-verfahren oder im Regelinsolvenzverfahren gewährt wird oder
- die Gewährung einer Billigkeitsmaßnahme nach §§ 163, 222 oder 227 AO durch BMF-Schreiben allgemein angeordnet oder durch eine im Bundessteuerblatt Teil II veröffentlichte BFH-Entscheidung vorgegeben ist.
Für die Feststellung der Zustimmungsgrenzen ist jede Steuerart und jeder Veranlagungszeit-raum für sich zu rechnen; erstreckt sich die Maßnahme nach § 163 Abs. 1 Satz 2 AO auf mehrere Jahre, so sind die Beträge, die auf die einzelnen Jahre entfallen, zu einem Gesamtbetrag zusammenzurechnen.
Bei Steuerarten ohne bestimmten Veranlagungszeitraum (z. B. Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer) gilt das Kalenderjahr als Veranlagungszeitraum; bei den Einzelsteuern ist jeder Steuerfall für sich zu betrachten.
Etwaige vorher ausgesprochene Bewilligungen sind zu berücksichtigen. Vorauszahlungen dürfen nicht in einen Jahresbetrag umgerechnet werden. Steuerliche Nebenleistungen (§ 3 Abs. 4 AO) sind dem Hauptbetrag nicht hinzuzurechnen.
Zinsen gelten jedoch selbst als Hauptbetrag, soweit für sie eine Billigkeitsmaßnahme getroffen werden soll. Dabei ist für einen Verzicht auf Stundungszinsen nach § 234 Abs. 2 AO und auf Aussetzungszinsen nach § 237 Abs. 4 AO eine Betragsgrenze von 200.000 € maßgebend.
Ist für eine Steuerart und einen Veranlagungszeitraum die Zustimmungsgrenze überschritten, so unterliegen die beantragten Billigkeitsmaßnahmen vollumfänglich dem Zustimmungsvorbehalt.