25.07.2011

Nachträgliche Schuldzinsen künftig bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten zu berücksichtigen?

Es bestehen ernsthafte Zweifel, ob nachträgliche Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung weiterhin nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen sind. Das FG hat im vorliegenden Verfahren die Vollziehung eines entsprechenden Steuerbescheids ausgesetzt, da der BFH zwischenzeitlich die Revision in einem entsprechenden Hauptsacheverfahren zugelassen hat und sowohl in der Literatur als auch von Richtern des BFH Bedenken gegen die Nichtberücksichtigung geäußert worden sind.

FG Düsseldorf 30.5.2011, 9 V 1474/11 A (F)
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten streiten um die Berücksichtigung von nachträglichen Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Die Antragstellerin erwarb im Jahre 1995 eine Immobilie zu einem Gesamtkaufpreis von 4,8 Mio. €. Der Kaufpreis wurde über Darlehen finanziert, die in der Folgezeit zum Teil umgeschuldet und zum Teil an andere Darlehensgläubiger abgetreten wurden. Das Objekt wurde 2007 zwangsversteigert mit einem Erlös von 770.000 €. Der Erlös wurde für die teilweise Tilgung der Darlehensverbindlichkeiten verwandt. Da der Erlös zur Tilgung nicht ausreichte, bestanden Verbindlichkeiten fort, auf welche die Antragstellerin in den Streitjahren Zinszahlungen leistete.

Die Antragstellerin machte diese Zinszahlungen, die sie nach der Zwangsversteigerung des Objektes geleistet hatte, als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für die Jahre 2007 bis 2009 geltend. Das Finanzamt erkannte in dem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für 2007 diese Zinszahlungen nicht an und lehnte für die Jahre 2008 und 2009 den Erlass von Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gegenüber der Antragstellerin ab. Die Antragstellerin legte gegen diese Bescheide Einsprüche ein und beantragte, deren Vollziehung auszusetzen. Das Finanzamt lehnte die Aussetzung der Vollziehung ab.

Das FG gab dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Bescheide statt.

Die Gründe:
Eine Aussetzung der Vollziehung soll gem. § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 FGO erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Vorliegend bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Feststellungsbescheides für 2007 und der Ablehnungsbescheide für 2008 und 2009. Es ist insbes. ernstlich zweifelhaft, ob die nachträglichen Zinsaufwendungen der Antragstellerin vom Werbungskostenabzug auszunehmen sind.

Der BFH hat zwar einen Abzug von Schuldzinsen als Werbungskosten bei Vermietung und Verpachtung bisher abgelehnt, wenn diese nach Veräußerung des Vermietungsobjektes angefallen sind, und zwar auch dann, wenn diese deswegen entstanden sind, weil der Veräußerungserlös nicht zur Tilgung der zur Finanzierung aufgenommenen Darlehen ausgereicht hat. Der BFH hat aber mit Urteil vom 16.3.2010 (VIII R 20/08) in Einschränkung seiner bis dahin bestehenden Rechtsprechung entschieden, dass Schuldzinsen für die Anschaffung einer im Privatvermögen gehaltenen Beteiligung i.S.v. § 17 EStG, die auf Zeiträume nach Veräußerung der Beteiligung oder Auflösung der Gesellschaft entfallen, als Werbungskosten abgezogen werden dürfen.

Darüber hinaus bestehen erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass der BFH auch die Rechtsprechung zur Berücksichtigung von nachträglichen Schuldzinsen im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aufgeben wird. Die FGs haben sich wiederholt gegen die entsprechende Rechtsprechung des BFH gewandt. Unter dem Az. IX R 67/10 ist ein Verfahren beim BFH zu dieser Frage anhängig, in dem das FG der bisherigen Rechtsprechung des BFH gefolgt ist, der BFH dann aber seinerseits auf die erhobene Nichtzulassungsbeschwerde hin die Revision zugelassen hat (vgl. BFH 17.12.2010, IX B 111/10).

Zudem haben namhafte Autoren und auch Richter des BFH die bisherige Rechtsprechung des BFH in Zweifel gezogen bzw. sich gegen sie gewandt.

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