NATO-Truppenstatut und unbeschränkte Steuerpflicht
FG Baden-Württemberg 4.10.2016, 5 K 1058/13Der Kläger, ein US-Staatsangehöriger, war nach seiner Tätigkeit als Berufssoldat in der US-Armee für eine US-amerikanische Computerfirma bis Frühjahr 2006 in Deutschland, dann in den USA und seit 2007 wieder in Deutschland tätig. Er hatte 2003 eine Deutsche geheiratet. Er erwarb mit dieser im Streitjahr 2008 im Inland eine Eigentumswohnung. Diese bewohnten sie gemeinsam bis zu seiner Versetzung 2010 nach Arabien an einen US-amerikanischen Stützpunkt. Seine verbeamtete Ehefrau folgte ihm nach ihrer Beurlaubung. Die Eigentumswohnung vermieteten sie.
2012 wurde der Kläger in die USA versetzt. Dorthin folgte die Ehefrau, die freiwillig aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden war. Die Eheleute verkauften die Eigentumswohnung. Sie erklärten in ihrer Einkommensteuererklärung für 2008, der Kläger sei als technische Fachkraft nach dem NATO-Truppenstatut von der deutschen Einkommensteuer befreit. Das Finanzamt besteuerte dessen Arbeitslohn.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Revision des Klägers ist beim BFH anhängig und wird dort unter dem Az. I R 84/16 geführt.
Die Gründe:
Das Finanzamt hat die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers zu Recht als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt.
Der Kläger ist infolge seines inländischen Wohnsitzes unbeschränkt steuerpflichtig. Nach dem NATO-Truppenstatut gelten Zeitabschnitte, in denen sich ein Mitglied einer Truppe oder eines zivilen Gefolges des Entsendestaats nur in dieser Eigenschaft in der Bundesrepublik aufhält, nicht als Zeiten des Aufenthalts oder Wohnsitzes. Diese Fiktion ist aber nicht anwendbar, wenn sich eine Person auch aus anderen Gründen im Inland aufhält. Dies gilt sinngemäß für technische Fachkräfte, deren Dienste eine Truppe benötigt und die im Bundesgebiet ausschließlich für diese Truppe als Berater in technischen Fragen arbeiten.
Das NATO-Truppenstatut und dessen Zusatzabkommen sind völkerrechtliche Verträge mit Gesetzesrang, die vom Finanzgericht überprüfbar sind. Der Kläger ist zwar unter Berücksichtigung der in der deutsch-amerikanischen Vereinbarung getroffenen Auslegung technische Fachkraft und nach seinem Arbeitsvertrag für die US-Streitkräfte tätig. Er hielt sich jedoch 2008 nicht nur in seiner Eigenschaft als technische Fachkraft im Inland auf. Nach den Lebensumständen war 2008 nicht erkennbar, dass der Kläger fest entschlossen war, nach Beendigung seines Dienstes in die USA zurückzukehren. Er ist nach Deutschland zurückgekehrt, hat mit seiner Ehefrau eine Eigentumswohnung erworben, gemeinsam genutzt und diese erst verkauft, als der gemeinsame Verbleib in den USA klar war. Entscheidend sind die Lebensumstände im Besteuerungszeitraum 2008 und nicht das spätere Verhalten.
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