Negative verbindliche Auskünfte des Finanzamts unterliegen der vollen Rechtmäßigkeitskontrolle durch das FG
FG Köln 6.3.2012, 13 K 3006/11Die Klägerin ist eine inländische GmbH, an der eine französische und eine britische Kapitalgesellschaft beteiligt sind. Die französische Muttergesellschaft hatte gegenüber der Klägerin eine offene Forderung i.H.v. rd. 19 Mio. €, für die zur Vermeidung einer Insolvenz der Klägerin ein Rangrücktritt vereinbart worden war. Die Gesellschafter beschlossen 2009 die Auflösung der Klägerin. Zu diesem Zeitpunkt betrug deren steuerlicher Verlustvortrag ca. 21 Mio. €.
Die Klägerin wollte vom Finanzamt eine verbindliche Auskunft des Inhalts, dass kein steuerpflichtiger Gewinn entstehe, wenn sie im Rahmen der Liquidation das Darlehen ihrer französischen Muttergesellschaft nicht zurückzahle, diese auf ihre Forderung aber auch nicht (förmlich) verzichte. Das Finanzamt teilte diese Auffassung nicht und gab eine anderweitige (negative) verbindliche Auskunft. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage, mit der sie das Finanzamt zu der gewünschten Auskunft verpflichten will.
Das FG gab der Klage teilweise statt. Die gegen die Entscheidung zwischenzeitlich eingelegte Revision wird beim BFH unter dem Az. I R 34/12 geführt.
Die Gründe:
Das Finanzamt kann im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens frei entscheiden, ob es einem Steuerpflichtigen überhaupt eine verbindliche Auskunft zu einer bestimmten Rechtsfrage erteilt. Entscheidet es sich allerdings für eine inhaltliche Antwort, so kann diese vom FG in vollem Umfang auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden. Der Finanzbehörde verbleibt dann kein Ermessensspielraum, wonach sie ihrer Auskunft eine von mehreren vertretbaren Rechtsauffassungen zugrunde legen könnte.
Bezogen auf den Streitfall ist davon auszugehen, dass eine Kapitalgesellschaft und mit ihr die gegen sie gerichteten Forderungen erlöschen, wenn kein Vermögen mehr vorhanden ist, kein weiterer Abwicklungsbedarf mehr besteht und die Gesellschaft im Handelsregister gelöscht wird. Der dabei durch den Wegfall der Verbindlichkeiten entstehende Gewinn ist allerdings mangels Steuersubjekt nicht (mehr) steuerpflichtig.
Die negative Auskunft des Finanzamtes war daher aufzuheben. Das Finanzamt wird zudem verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu über den Antrag der Klägerin auf verbindliche Auskunft zu entscheiden. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Finanzbehörde im Rahmen des ihr verbleibenden Entschließungsermessens vor dem Hintergrund der Gerichtsentscheidung sehr wohl auch eine inhaltliche Auskunft ablehnen kann.
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