Neufassung des AEAO zu § 233a zur Umsetzung der Rechtsänderungen durch das Zweite Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung
BMF-SchreibenAO § 233a
Das BVerfG hatte in den Verfahren 1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17 mit am 18. August 2021 veröffentlichtem Beschluss vom 8. Juli 2021 (BGBl. I 2021, 4303) entschieden, dass § 233a in Verbindung mit § 238 Absatz 1 Satz 1 AO mit Artikel 3 Absatz 1 GG unvereinbar ist, soweit der Zinsberechnung für Verzinsungszeiträume ab dem 1. Januar 2014 ein Zinssatz von 0,5 % pro Monat zugrunde gelegt wird.
Die Unvereinbarkeitserklärung erstreckt sich ausdrücklich nicht auf die anderen Verzinsungstatbestände nach der AO zulasten der Steuerpflichtigen, namentlich auf Stundungs-, Hinterziehungs- und Aussetzungszinsen nach den §§ 234, 235 und 237 AO. Die Entscheidung des BVerfG betrifft aber auch nicht die ausschließlich zugunsten der Steuerpflichtigen wirkenden Prozesszinsen nach § 236 AO und die Säumniszuschläge nach § 240 AO.
Für Verzinsungszeiträume bis zum 31. Dezember 2018 ist das bisherige Recht weiter anwendbar (Fortgeltungsanordnung). Für Verzinsungszeiträume ab dem 1. Januar 2019 wurde der Gesetzgeber verpflichtet, bis zum 31. Juli 2022 eine rückwirkende Neuregelung der Vollverzinsung zu treffen. Diese Neuregelung wurde mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung vom 12. Juli 2022 (BGBl. I 2022, 1142) getroffen. Sie gilt für Verzinsungszeiträume ab dem 1. Januar 2019 und ist rückwirkend in allen offenen Fällen anzuwenden.
Die bisherigen Erläuterungen zu § 233a AO sind aufgrund der gesetzlichen Neufassung überholt und wurden daher komplett neu gefasst. Die Neufassung des AOAE zu § 233a ist wie folgt gegliedert:
- Allgemeines
- Sachlicher und zeitlicher Geltungsbereich
- Zinsschuldner/-gläubiger
- Zinslauf
- Besonderer Zinslauf bei rückwirkenden Ereignissen und Verlustrückträgen
- Grundsätze der Zinsberechnung
- Zinsberechnung bei der erstmaligen Steuerfestsetzung
- Zinsberechnung bei einer Korrektur der Steuerfestsetzung oder der Anrechnung
- von Steuerbeträgen
- Zinsberechnung bei sog. NV-Fällen
- Sonderregelungen für Zinsberechnungen bei der Umsatzsteuer
- Verhältnis zu anderen steuerlichen Nebenleistungen
- Billigkeitsmaßnahmen
- Rechtsbehelfe
- Berücksichtigung rückwirkender Ereignisse in Grundlagenbescheiden
Beraterhinweis: Die Steuerverwaltungen der Länder können die Neuberechnung der Zinsen nach § 233a AO für Verzinsungszeiträume ab dem 1. Januar 2019 in anhängigen Verfahren und die Umstellung der Zinsberechnungsprogramme erst einsetzen, sobald alle dazu erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen abgeschlossen worden sind. Die Umstellungstermine in den einzelnen Ländern fallen auseinander. Soweit und solange die Neuregelung in § 238 Absatz 1a und 1b AO technisch und organisatorisch noch nicht umgesetzt werden kann, ergehen Zinsfestsetzungen nach § 233a AO für Verzinsungszeiträume ab dem 1. Januar 2019 weiterhin vorläufig oder werden ausgesetzt (vgl. BMF-Schreiben vom 22. Juli 2022 - IV A 3 - S 0338/22/10004 :007). Die Neufassung des Anwendungserlasses zu § 233a AO durch das BMF-Schreiben vom 4. November 2022 ist daher jeweils erst ab der Umstellung der Zinsberechnungsprogramme auf das neue Recht anzuwenden. Ergibt sich im Rahmen der Neuberechnung im Umstellungslauf eine Änderung gegenüber den bisher festgesetzten Zinsen, ergeht ein Zinsbescheid.