Nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Rahmen einer Betriebsaufspaltung
BFH 3.12.2015, V R 36/13Der Kläger betrieb ein Bauunternehmen. Mit Wirkung zum 31.12.2006 teilte er sein Einzelunternehmen in eine GmbH & Co. KG und eine GbR auf. Danach brachte er die Wirtschaftsgüter seines Einzelunternehmens mit Ausnahme des Anlagevermögens in eine neu gegründete KG ein. Persönlich haftender Gesellschafter war eine GmbH ohne Kapitaleinlage. Das Anlagevermögen brachte der Kläger in eine neu gegründete GbR ein. Nach Gründung der beiden Gesellschaften übertrug der Kläger Gesellschaftsanteile auf seine beiden Söhne, so dass er zu jeweils 20 Prozent und seine beiden Söhne zu jeweils 40 Prozent an beiden Gesellschaften beteiligt waren.
Die KG setzte die bisher vom Kläger ausgeübte Tätigkeit als Bauunternehmen fort. Ihrem Gesellschaftsvertrag entsprechend stellte die GbR der KG das Anlagevermögen "unentgeltlich zur uneingeschränkten Nutzung" zur Verfügung. Nach ihrem Gesellschaftsvertrag hatte sie zudem die Aufgabe, das Anlagevermögen zu erhalten und zu pflegen. In den Folgejahren veräußerte die GbR mehrfach Teile des Anlagevermögens.
Das Finanzamt wertete die Einbringung des Anlagevermögens des Einzelunternehmens in die GbR und des restlichen Betriebsvermögens in die KG nicht als Geschäftsveräußerung gem. § 1 Abs. 1a UStG. Demgemäß nahm es steuerpflichtige Umsätze an, was zu einer Erhöhung der steuerpflichtigen Umsätze führte. Zudem versagte das Finanzamt den Vorsteuerabzug aus Kosten einer Lagerhallenaufstockung und nahm eine Vorsteuerberichtigung in Bezug auf eine Photovoltaikanlage vor.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision des Finanzamts hob der BFH das Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück.
Die Gründe:
Entgegen dem Urteil des FG liegt eine Geschäftsveräußerung nur in Bezug auf die Vermögensübertragung auf die KG, nicht aber auch hinsichtlich der Vermögensübertragung auf die GbR vor. Die Sache ist mangels Feststellungen des FG zur Versagung des Vorsteuerabzugs nicht spruchreif; sie war daher dorthin zurückzuverweisen.
Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nach § 1 Abs. 1a UStG nicht der Umsatzsteuer. § 1 Abs. 1a UStG setzt voraus, dass ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Die Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG setzt entsprechend dem EuGH-Urteil vom 27.11.2003 (C-497/01) und nach ständiger BFH-Rechtsprechung die Übertragung eines Geschäftsbetriebs oder eines selbständigen Unternehmensteils voraus, der als Zusammenfassung materieller und immaterieller Bestandteile ein Unternehmen oder einen Unternehmensteil bildet, mit dem eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt werden kann.
Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass es sich bei der Übertragung von Unternehmensvermögen durch den Kläger auf die KG um eine nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung gehandelt hat. Laut BFH-Rechtsprechung muss dem Unternehmer nicht das gesamte Unternehmensvermögen übertragen werden; eine Geschäftsveräußerung kann auch vorliegen, wenn der Übertragende einzelne Wirtschaftsgüter seines Unternehmensvermögens an den Erwerber vermietet oder verpachtet. Danach steht der Geschäftsveräußerung hier nicht entgegen, dass der Kläger das Anlagevermögen seines Einzelunternehmens nicht auf die KG übertragen, sondern in die GbR eingebracht hat. Ebenso wie eine Geschäftsveräußerung auch dann vorliegt, wenn der Kläger das Anlagevermögen an die KG nur vermietet oder zunächst vermietet und sodann in die GbR eingebracht hätte, kann eine Geschäftsveräußerung auch gegeben sein, wenn nicht der Kläger, sondern auf seine Veranlassung eine andere Person - hier die GbR - das Anlagevermögen der KG zur Nutzung überlässt.
Rechtsfehlerhaft hat das FG allerdings entschieden, auch die Übertragung des Anlagevermögens auf die GbR sei eine Geschäftsveräußerung. In Bezug auf das ihr übertragene Anlagevermögen hat die GbR keine eigene unternehmerische (wirtschaftliche) Tätigkeit i.S.v. § 2 Abs. 1 UStG (Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG) ausgeübt, die als Fortsetzung der durch den Kläger ausgeübten Unternehmenstätigkeit anzusehen sein könnte. So hat die GbR das Anlagevermögen - anders als der Kläger - nicht für eigenunternehmerische Zwecke (als Bauunternehmung) verwendet. Es liegt auch keine Verwendung durch entgeltliche Vermietung als Unternehmenstätigkeit vor, da die Nutzungsüberlassung von der GbR an die KG unentgeltlich erfolgte. Die unentgeltliche Nutzungsüberlassung begründet keine unternehmerische (wirtschaftliche) Tätigkeit.
Schließlich ergibt sich die für eine Geschäftsveräußerung erforderliche Übertragung auf nur einen Erwerber auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG. Eine Organschaft besteht aus mehreren Gründen nicht: Insbesondere fehlt es an einer finanziellen Eingliederung, da weder die KG an der GbR noch die GbR an der KG über eine eigene Mehrheitsbeteiligung verfügte. Zudem kommt auch unter Berücksichtigung des EuGH-Urteils Larentia + Minerva und Marenave Schiffahrt (EuGH 16.7.2015, C-108/14 u. C-109/14) die Einbeziehung eines Nichtunternehmers - wie hier der GbR - in den Organkreis nicht in Betracht.
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