Nichterfassung von Einkünften beim Einscannen der Steuererklärung
BFH v. 4.1.2020 - VIII R 4/17
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte in seiner auf dem amtlichen Vordruck eingereichten Einkommensteuererklärung 2010 u.a. Einkünfte aus selbständiger Arbeit i.H.v. 128.641 € erklärt. Beim Einscannen der Unterlagen im Veranlagungsbezirk des Finanzamtes wurde die Anlage S zur Einkommensteuererklärung versehentlich übersehen, so dass eine Erfassung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit des Klägers unterblieb. Nach maschineller Überprüfung der eingescannten Daten durch ein Risikomanagementsystem gingen im Veranlagungsbezirk mehrere Prüf- und Risikohinweise ein, die u.a. auf Einkünfte "des Ehemanns/der Ehefrau von weniger als 4.200 €" hinwiesen und eine "personelle Prüfung" des als "risikobehaftet" eingestuften Falls vorsahen.
Die zuständige Sachbearbeiterin bearbeitete diese Prüf- und Risikohinweise, prüfte jedoch nicht, ob die Einkünfte aus selbständiger Arbeit des Klägers zutreffend im Einkommensteuerbescheid übernommen worden waren. Erst im Folgejahr wurde der Fehler erkannt und der Einkommensteuerbescheid nach § 129 Satz 1 AO berichtigt.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Es war der Ansicht, dass die Behörde zur Berichtigung des Einkommensteuerbescheids berechtigt gewesen sei. Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf und gab der Klage statt.
Gründe:
Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass das Finanzamt befugt gewesen sei, den bestandskräftigen Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr nach § 129 Satz 1 AO zu berichtigen.
§ 129 Satz 1 AO erlaubt nur die Berichtigung von Schreibfehlern, Rechenfehlern und ähnlichen offenbaren Unrichtigkeiten (sog. mechanische Versehen), die beim Erlass des Verwaltungsakts unterlaufen sind. § 129 AO ist dagegen nicht anwendbar, wenn dem Sachbearbeiter des Finanzamtes ein Tatsachen- oder Rechtsirrtum unterlaufen ist oder er den Sachverhalt mangelhaft aufgeklärt hat.
Im vorliegenden Fall beruhte der fehlerhafte Einkommensteuerbescheid darauf, dass die zutreffende Höhe der im Bescheid angesetzten Einkünfte nicht aufgeklärt wurde, obwohl aufgrund der Risiko- und Prüfhinweise Zweifel an der Richtigkeit dieser Einkünfte bestanden und deshalb eine weitere Sachaufklärung geboten war. Das schließt das Vorliegen eines bloß mechanischen Versehens und damit die Anwendung der Berichtigungsnorm des § 129 AO aus.
BFH PM Nr. 25 vom 28.5.2020
Der Kläger hatte in seiner auf dem amtlichen Vordruck eingereichten Einkommensteuererklärung 2010 u.a. Einkünfte aus selbständiger Arbeit i.H.v. 128.641 € erklärt. Beim Einscannen der Unterlagen im Veranlagungsbezirk des Finanzamtes wurde die Anlage S zur Einkommensteuererklärung versehentlich übersehen, so dass eine Erfassung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit des Klägers unterblieb. Nach maschineller Überprüfung der eingescannten Daten durch ein Risikomanagementsystem gingen im Veranlagungsbezirk mehrere Prüf- und Risikohinweise ein, die u.a. auf Einkünfte "des Ehemanns/der Ehefrau von weniger als 4.200 €" hinwiesen und eine "personelle Prüfung" des als "risikobehaftet" eingestuften Falls vorsahen.
Die zuständige Sachbearbeiterin bearbeitete diese Prüf- und Risikohinweise, prüfte jedoch nicht, ob die Einkünfte aus selbständiger Arbeit des Klägers zutreffend im Einkommensteuerbescheid übernommen worden waren. Erst im Folgejahr wurde der Fehler erkannt und der Einkommensteuerbescheid nach § 129 Satz 1 AO berichtigt.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Es war der Ansicht, dass die Behörde zur Berichtigung des Einkommensteuerbescheids berechtigt gewesen sei. Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf und gab der Klage statt.
Gründe:
Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass das Finanzamt befugt gewesen sei, den bestandskräftigen Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr nach § 129 Satz 1 AO zu berichtigen.
§ 129 Satz 1 AO erlaubt nur die Berichtigung von Schreibfehlern, Rechenfehlern und ähnlichen offenbaren Unrichtigkeiten (sog. mechanische Versehen), die beim Erlass des Verwaltungsakts unterlaufen sind. § 129 AO ist dagegen nicht anwendbar, wenn dem Sachbearbeiter des Finanzamtes ein Tatsachen- oder Rechtsirrtum unterlaufen ist oder er den Sachverhalt mangelhaft aufgeklärt hat.
Im vorliegenden Fall beruhte der fehlerhafte Einkommensteuerbescheid darauf, dass die zutreffende Höhe der im Bescheid angesetzten Einkünfte nicht aufgeklärt wurde, obwohl aufgrund der Risiko- und Prüfhinweise Zweifel an der Richtigkeit dieser Einkünfte bestanden und deshalb eine weitere Sachaufklärung geboten war. Das schließt das Vorliegen eines bloß mechanischen Versehens und damit die Anwendung der Berichtigungsnorm des § 129 AO aus.