05.03.2020

Nichtigkeit von Umsatzsteuerbescheiden

Ein Umsatzsteuerbescheid ist nichtig, wenn aus ihm nicht klar ersichtlich wird, ob der Inhaltsadressat (Steuerschuldner) eine GmbH oder deren Geschäftsführer bzw. Liquidator ist. Der Inhaltsadressat (Steuerschuldner) muss nicht ausdrücklich als solcher bezeichnet werden; ausreichend ist vielmehr, dass er sich nach dem objektiven Erklärungsgehalt des Bescheids aus Sicht des Empfängers im Wege der Auslegung zweifelsfrei bestimmen lässt.

Kurzbesprechung
BFH v. 16.1.2020 - V R 56/17

AO § 119, § 125, § 157

Streitig war, ob die Umsatzsteuerbescheide für 2006 bis 2010 (Streitjahre) wegen nicht eindeutiger Bezeichnung des Inhaltsadressaten (Steuerschuldner) nichtig sind. Während das FG von einer Nichtigkeit der Bescheide ausging, hob der BFH die Entscheidung der Vorinstanz auf und verwies den Streitfall an das FG zurück.

Ein Verwaltungsakt ist nach § 125 Abs. 1 AO nichtig, wenn er an einem besonders schweren Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn der Verwaltungsakt inhaltlich nicht so bestimmt ist (§ 119 Abs. 1 AO), dass ihm hinreichend sicher entnommen werden kann, was von wem verlangt wird.

Fehler in der Bezeichnung des Steuerschuldners im Bescheid können nicht durch Richtigstellung im weiteren Verfahren geheilt werden. Die rechtliche Notwendigkeit, in einem Steuerbescheid den Steuerschuldner richtig zu bezeichnen, ist zudem ausdrücklich in § 157 AO verankert. Sie wird dadurch unterstrichen, dass der Steuerbescheid Grundlage für die Zwangsvollstreckung gegen den Steuerschuldner ist.

Dabei muss der Steuerschuldner in dem Bescheid nicht ausdrücklich als solcher bezeichnet werden. Ausreichend ist vielmehr, wenn er sich nach dem objektiven Erklärungsgehalt des Bescheids aus der Sicht des Empfängers im Wege der Auslegung zweifelsfrei bestimmen lässt. Heranzuziehen sind hierbei nicht nur die dem Bescheid beigefügten Erklärungen, sondern darüber hinaus auch die dem Betroffenen bekannten Umstände (sowie zeitlich vorhergehende Bescheide. Notwendig ist aber, dass diese Umstände einen eindeutigen Rückschluss erlauben.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war im Streitfall für den Bescheidadressaten ohne weiteres erkennbar, dass er die streitgegenständlichen Umsatzsteuerbescheide zunächst in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer und später als Liquidator der Steuerpflichtigen erhalten hatte und sie ihn nicht als Steuerschuldner betreffen. Dies ergab sich eindeutig aus den angefochtenen Steuerbescheiden selbst sowie den konkreten Gegebenheiten bei ihrem Erlass.
Verlag dr. Otto Schmidt
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