Nichtsteuerbare Einkünfte aus einer Managementbeteiligung
FG Baden-Württemberg 9.5.2017, 5 K 3825/14Der verheiratete Kläger war angestellter Geschäftsführer der XY-GmbH, die als Holding der X-Unternehmensgruppe fungierte. Die Anteile der XY-GmbH wurden im Jahr 2005 von einer Investorengruppe aus der Private Equity Branche erworben, die das Ziel hatte, das erworbene Unternehmen nach einer grundlegenden Umstrukturierung mit Gewinn zu veräußern. Um die angestrebte Wertsteigerung der erworbenen Unternehmensbeteiligung zu erreichen und einzelne Manager und Führungskräfte in der X-Unternehmensgruppe stärker an das Unternehmen zu binden, hatten die neuen Mehrheitsgesellschafter vorgesehen, ausgewählte Manager an der Holdinggesellschaft zu beteiligen.
Hierzu gehörte auch der Kläger. Er erwarb im Jahr 2005 fremdfinanzierte Geschäftsanteile und war seitdem zu 0,5 % am Stammkapital der XY-GmbH beteiligt. Im Zuge einer im Jahr 2007 erfolgten Umstrukturierung der X-Unternehmensgruppe wurden die Anteile an der XY-GmbH gegen neue Anteile an der XA-GmbH eingetauscht. Der Kläger war jetzt zu 0,96 % am Stammkapital der XA-GmbH beteiligt. Nach der Umstrukturierung bestand erneut die Möglichkeit, sich an der XA-GmbH (nun allerdings nur noch im Rahmen einer Treuhand) zu beteiligen. Im Jahr 2008 erwarb die Ehefrau des Klägers (Klägerin) treuhänderisch zu haltende Geschäftsanteile an der XA-GmbH. Sie war somit als Treugeberin zu 0,11 % am Stammkapital der XA-GmbH beteiligt.
Im Jahr 2009 veräußerten die Kläger ebenso wie die anderen Gesellschafter ihre Beteiligung an der XA-GmbH. Der Verkaufspreis wurde in drei Tranchen ausgezahlt, die erste Tranche im Jahr 2009, die zweite und dritte in den Jahren 2011 und 2014. Das Finanzamt qualifizierte sämtliche Verkaufserlöse als dem Kläger im Jahr 2009 zugeflossenen Arbeitslohn.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision zum BFH wurde nicht zugelassen. Hiergegen legte das Finanzamt Nichtzulassungsbeschwerde zum ein. Diese wird beim BFH unter dem Az. VI B 99/17 geführt.
Die Gründe:
Die Erlöse aus der Veräußerung der GmbH-Anteile sind weder als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit noch als Einkünfte aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften gem. § 17 EStG zu qualifizieren. Da sie auch keiner anderen Einkunftsart zuzuordnen sind, unterliegen sie nicht der Einkommensteuer.
Beteiligt sich ein Arbeitnehmer kapitalmäßig an seinem Arbeitgeber, kann die Beteiligung eigenständige Erwerbsgrundlage sein, so dass die damit in Zusammenhang stehenden Einnahmen in keinem einkommensteuerrechtlich erheblichen Veranlassungszusammenhang zum Arbeitsverhältnis stehen. Der Arbeitnehmer nutzt in diesem Fall sein Kapital als eine vom Arbeitsverhältnis unabhängige und eigenständige Erwerbsgrundlage. Die daraus erzielten laufenden Erträge sind dann keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sondern solche aus Kapitalvermögen. Im Falle der Veräußerung der Kapitalbeteiligung kommt dementsprechend eine Steuerbarkeit nach §§ 17, 20 Abs. 2, 23 EStG in Betracht. So ist es im Streitfall.
Ein für Lohneinkünfte notwendiger Veranlassungszusammenhang zwischen dem Dienstverhältnis des Klägers und den Erlösen aus der Veräußerung der Gesellschaftsbeteiligungen des Klägers und seiner Ehefrau besteht nicht. Die Erlöse haben ihre Ursache vielmehr allein in der unmittelbaren bzw. mittelbaren Gesellschaftsbeteiligung der Kläger, die als Sonderrechtsbeziehung unabhängig vom Arbeitsverhältnis des Klägers bestand. Es handelte sich bei den Beteiligungen um eine gewöhnliche Gesellschaftsbeteiligung mit den üblichen Chancen und Risiken. Die Tatsache, dass die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer für das Ziel der Mehrheitsgesellschafter, die X-Unternehmensgruppe mittelfristig mit Gewinn zu veräußern, wichtig war, ist noch kein Indiz dafür, dass dessen Beteiligung an der Holdinggesellschaft durch sein Arbeitsverhältnis veranlasst war.
Denn der Kläger erhielt neben seinem Festgehalt auch noch eine variable Vergütung eines bestimmten Prozentsatzes des jährlichen Wertzuwachses des Unternehmens. Vor allem bekam der Kläger im Zusammenhang mit seinem Anteilserwerb und dem seiner Frau von seinem Arbeitgeber bzw. dessen Eigentümern keinen Vorteil zugewandt, der über die bloße Chance auf einen späteren Veräußerungsgewinn hinausgegangen ist. Bei den Erlösen der Kläger aus der Veräußerung ihrer Geschäftsanteile an der XA-GmbH handelt es sich auch nicht um Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 S. 1 EStG, weil diese Vorschrift gem. § 52 Abs. 28 S. 11 EStG erstmals auf Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen anzuwenden ist, die nach dem 31.12.2008 erworben worden sind. Sowohl der Kläger als auch die Klägerin haben ihre Anteile bereits vor diesem Datum erworben.
Es liegen auch keine sonstigen Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften gem. § 22 Nr. 2 i. V. m. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG vor, da die Kläger ihre Geschäftsanteile jeweils länger als ein Jahr gehalten haben. Die Veräußerungsgewinne der Kläger sind auch nicht gem. § 17 EStG als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren, weil die Kläger jeweils nicht zu mindestens einem Prozent an der XA-GmbH beteiligt waren. Eine Zurechnung des Gesellschaftsanteils der Klägerin beim Kläger gem. § 42 AO kommt nicht in Betracht. Ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten liegt nicht vor. Die Ehegatten hielten jeweils eigenständig Geschäftsanteile an der GmbH, die zwar zusammengenommen die Ein-Prozent-Grenze des § 17 Abs. 1 S. 1 EStG überstiegen. Jeder Anteil für sich blieb aber unter dieser Grenze. Trotz Ehe und Zusammenveranlagung sind Ehegatten auch im Steuerrecht eigenständige Rechtssubjekte.
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