21.04.2020

Notwendiges Betriebsvermögen bei einem land- und forstwirtschaftlichen Verpachtungsbetrieb

Ein vom Verpächter eines ruhenden land- und forstwirtschaftlichen Verpachtungsbetriebs erworbenes verpachtetes landwirtschaftliches Grundstück ist nur dann dem notwendigen Betriebsvermögen des Verpachtungsbetriebs zuzuordnen, wenn es innerhalb eines überschaubaren Zeitraums (zwölf Monate) in das bestehende Pachtverhältnis des landwirtschaftlichen Betriebs bzw. bei parzellenweiser Verpachtung in eines der bestehenden Pachtverhältnisse einbezogen wird.

BFH v. 19.12.2019 - VI R 53/16
Der Sachverhalt:
Die Klägerin erzielte u.a. Einkünfte aus der parzellenweisen Verpachtung eines ruhenden land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Diesen hatte sie 1996 von ihrem Vater im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übernommen. Den Gewinn daraus ermittelte sie in den Streitjahren 2008 und 2009 durch Einnahmen-Überschussrechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG jeweils für das vom Kalenderjahr abweichende Wirtschaftsjahr vom 1. Mai bis 30. April.

Bereits im Jahr 1985 hatten die Eltern der Klägerin die Grundstücke Gemarkung ... --Grundstück 1-- und ... --Grundstück 2-- übertragen. Dabei handelte es sich um Grünlandflächen, die der beabsichtigten Erweiterung des Gewerbebetriebs des Klägers dienen sollten. Nachdem eine gewerbliche Nutzung der Grundstücke 1 und 2 nicht möglich erschien, tauschte die Klägerin diese Grundstücke im Jahr 1986 gegen die im Eigentum Dritter stehenden Teilflächen aus den Parzellen ... --Grundstück 3-- und ... --Grundstück 4--. In dem Tauschvertrag war zugunsten der Klägerin ein dinglich gesichertes Rückübertragungsrecht an den Grundstücken 1 und 2 für den Fall vereinbart, dass diese bis zum 31.12.1999 in einem rechtskräftigen Bebauungsplan als Gewerbegebiet oder sonstiges Baugebiet ausgewiesen werden. Auf den Grundstücken 3 und 4 errichtete die Klägerin ein Betriebs- und Verwaltungsgebäude, das sie an den Kläger für dessen Gewerbebetrieb verpachtete.

Mit Wirkung zum 26.1.1996 erwarb die Klägerin das Grundstück 1 und eine aus dem Grundstück 2 abgetrennte Teilfläche --Grundstück 5-- zum Kaufpreis von 30.933 DM wieder zurück. Beide Grundstücke waren zu diesem Zeitpunkt verpachtet. Die Veräußerin verpflichtete sich im Übertragungsvertrag, das Pachtverhältnis bis August 1996 zu beenden. Die Klägerin verpflichtete sich, dem Pächter die unentgeltliche Nutzung der Grundstücke bis zum Ablauf des Pachtverhältnisses zu gestatten. Tatsächlich gab dieser die Grundstücke 1 und 5 bereits im Mai 1996 frei. Die Grundstücke nutzte fortan u.a. der Ehemann für seinen Gewerbebetrieb.

Da der Kläger für den Aufwuchs keine Verwendung hatte, verpachtete die Klägerin die Grundstücke 1 und 5 ab Mai 1999 mit jährlicher Verlängerungsoption an den benachbarten Landwirt. Zum 30.11.2008 kündigte sie das Pachtverhältnis wieder. Während des Pachtverhältnisses war es dem Kläger weiterhin gestattet, die Grundstücke für seinen Gewerbebetrieb zu nutzen. Die jährliche Pacht i.H.v. 325 DM bzw. 155 € erklärte die Klägerin in den Wirtschaftsjahren 1999/2000 bis 2008/2009 in voller Höhe als Einnahmen aus Land- und Forstwirtschaft. Im September 2008 verkaufte die Klägerin die Grundstücke 1 und 5 zu einem Kaufpreis von 850.000 €. Einen Veräußerungsgewinn erfasste sie bei der Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft für das Wirtschaftsjahr 2008/2009 nicht, da sie die Grundstücke ihrem Privatvermögen zuordnete.

Das Finanzamt war der Ansicht, die Grundstücke 1 und 5 seien mit Erwerb, spätestens im Mai 1999 in das Betriebsvermögen des land- und forstwirtschaftlichen Verpachtungsbetriebs der Klägerin eingelegt worden. Unter Berücksichtigung des Teilwerts, der dem Wert des 1996 vereinbarten Kaufpreises entspreche, und weiterer Nebenkosten sei im Wirtschaftsjahr 2008/2009 ein der Höhe nach unstreitiger Gewinn von 800.361 € erzielt worden. Entsprechend dieser Rechtsauffassung erließ die Behörde Änderungsbescheide.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision des Finanzamtes blieb vor dem BFH ohne Erfolg.

Gründe:
Das FG hat die Grundstücke zu Recht dem Privatvermögen der Klägerin zugeordnet und den Gewinn aus deren Veräußerung nicht bei ihren Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft und bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S.d. § 23 EStG erfasst.

Das Finanzamt war zu Unrecht davon ausgegangen, ein an einen Dritten verpachtetes landwirtschaftlich genutztes Grundstück, das erst nach der Einstellung der aktiven Bewirtschaftung erworben worden sei, sei ohne weitere Zweckbestimmung des Betriebsinhabers immer dem notwendigem Betriebsvermögen dessen landwirtschaftlichen Verpachtungsbetriebs zuzuordnen, auch wenn es nicht in die bestehenden Pachtverhältnisse einbezogen worden sei. Eine derartige Zuordnung eines an einen dritten Landwirt verpachteten Grundstücks zum notwendigen Betriebsvermögen lässt sich nicht aus der BFH-Rechtsprechung zum Verpächterwahlrecht ableiten, wonach der Fortbestand des zunächst aktiv bewirtschafteten landwirtschaftlichen Betriebs weder bei der Betriebsverpachtung im Ganzen noch bei der parzellenweise (Betriebs-)Verpachtung an die Erklärung der Betriebsfortführung geknüpft ist (so nun ausdrücklich auch § 16 Abs. 3b EStG).

Die Betriebsvermögenseigenschaft der Wirtschaftsgüter des ehemals aktiv bewirtschafteten Betriebs bestehen zwar in dem ruhenden Betrieb - auch bei parzellenweiser Verpachtung - unverändert fort. Dies bedeutet indes nicht, dass der Erwerb eines an einen Dritten verpachteten Grundstücks durch den Inhaber eines Verpachtungsbetriebs ebenso zu behandeln ist, wie der Erwerb eines nicht verpachteten, zur aktiven Bewirtschaftung vorgesehenen Grundstücks durch den Inhaber eines aktiv bewirtschafteten Betriebs. Gleich zu behandeln ist vielmehr der Erwerb eines verpachteten Grundstücks sowohl beim aktiven als auch beim ruhenden Betrieb. Insoweit kommt es für die Zuordnung zum notwendigen Betriebsvermögen bei beiden Betriebsformen darauf an, ob der Betriebsinhaber eine entsprechende Zweckbestimmung getroffen hat, wonach das erworbene verpachtete Grundstück dem (aktiven) Betrieb oder dem Verpachtungsbetrieb auf Dauer zu dienen bestimmt ist. Davon ist bei einem Verpachtungsbetrieb indes nur auszugehen, wenn das Grundstück in das oder bei parzellenweiser Verpachtung in eines der bestehenden Pachtverhältnisse einbezogen wird.

Scheidet die Annahme notwendigen Betriebsvermögens eines an einen Dritten verpachteten Grundstücks aus, kann es, soweit eine eindeutige Zuweisung zum Verpachtungsbetrieb vorliegt, als gewillkürtes Betriebsvermögen behandelt werden. Für die Zuordnung des an Dritte verpachteten Grundstücks zum gewillkürten Betriebsvermögen des Verpachtungsbetriebs ist allerdings erforderlich, dass der Land- und Forstwirt seinen diesbezüglichen Zuordnungswillen klar und eindeutig bekundet. Ob eine eindeutige Zuordnungsentscheidung getroffen worden ist, ist eine Frage der konkreten Umstände des Einzelfalls.

Im Streitfall waren die Grundstücke schon deshalb nicht dem notwendigen Betriebsvermögen des Verpachtungsbetriebs der Steuerpflichtigen zuzuordnen, da sie nicht in die bestehenden Pachtverhältnisse einbezogen worden waren. Auch lag kein gewillkürtes Betriebsvermögen vor. Denn die Grundstücke wurden nicht zur Betriebserweiterung des Verpachtungsbetriebs, sondern nur im Hinblick auf deren mögliche Nutzung für den Gewerbebetrieb des Ehemanns erworben. Die Verpachtung an einen Landwirt habe nur einen Ertrag bringende Interimslösung dargestellt, die keine endgültige Funktionszuweisung zum Verpachtungsbetrieb beinhalte.

Zusätzlich war von Bedeutung, dass die Grundstücke nicht im Anlageverzeichnis des Verpachtungsbetriebs aufgenommen worden waren und nach der in den hier maßgeblichen Streitzeiträumen vertretenen Rechtsauffassung der Finanzverwaltung und ebenso der höchstrichterlichen Rechtsprechung ein Steuerpflichtiger, der den Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermittelte, Wirtschaftsgüter, die nicht zum notwendigen Betriebsvermögen gehörten, nicht durch einen Willkürakt dem Betriebsvermögen zuordnen konnte.
BFH online
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