21.03.2019

Nutzung einer Trauerhalle sowie von Abschiedsräumen und gekühlten Leichenzellen sind umsatzsteuerfrei

Entgelte, die Privatpersonen für die Nutzung einer Trauerhalle sowie von Abschiedsräumen und gekühlten Leichenzellen zahlen, unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Der Übertragung der Verfügungsmacht der Räumlichkeiten steht nicht entgegen, dass Dritte dulden müssen, dass der Gemeinde als Ordnungsbehörde das Nutzungs- und Zugangsrecht zu den Räumlichkeiten zusteht.

FG Münster v. 29.1.2019 - 15 K 2858/15 U
Der Sachverhalt:
Die Klägerin betreibt ein Abschiedshaus sowie eine Trauer- und Leichenhalle, die sie von der Gemeinde gepachtet hatte. Sie behandelte die Umsätze aus dieser Überlassung als steuerfreie Grundstücksvermietungen. Das Finanzamt war demgegenüber der Auffassung, dass die Klägerin neben der Vermietung zusätzliche Leistungen und damit insgesamt steuerpflichtige Umsätze erbringe.

Gegen die Einforderung der ausstehenden Umsatzsteuer inklusive Zinsen wehrte sich die Klägerin nun mit ihrer Klage. Sie war der Ansicht, dass ihre Umsätze als Vermietungsumsätze nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG von der Umsatzsteuer frei sind, da sie sich gegenüber ihren Kunden allein zur Überlassung der einzelnen Räumlichkeiten, nicht jedoch zur Erbringung weiterer Leistungen, verpflichtet habe.

Das FG gab der Klage statt. Es ließ die Revision gem. § 115 Abs. 2 FGO zu, um dem BFH Gelegenheit zur Überprüfung seiner Rechtsansicht zur Umsatzsteuerbefreiung der kurzfristigen Überlassung von nicht Wohnzwecken dienenden Räumlichkeiten zu geben.

Die Gründe:
Die Umsätze aus der Überlassung der verschiedenen Räumlichkeiten sind nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG umsatzsteuerfrei.

Eine steuerfreie Grundstücksvermietung liegt vor, wenn dem Vertragspartner gegen Zahlung eines Mietzinses für eine vereinbarte Dauer das Recht eingeräumt wird, ein Grundstück in Besitz zu nehmen und andere von ihm auszuschließen. Dies ist hier der Fall.

Der Übertragung der Verfügungsmacht der Räumlichkeiten steht nicht entgegen, dass sowohl Dritte als auch die Klägerin dulden müssen, dass der Gemeinde als Ordnungsbehörde das Nutzungs- und Zugangsrecht zu den Räumlichkeiten zusteht. Schließen nach der Rechtsprechung des EuGH bereits vertragliche Beschränkungen des an der Mietsache bestehenden Nutzungsrechts die Annahme eines ausschließlichen Nutzungsrechts nicht aus, muss dies erst recht für dem Mietgegenstand immanente Beschränkungen des Nutzungsrechts gelten, denen auch der Eigentümer ausgesetzt ist.

Die Bereitstellung von Mobiliar und anderen nebensächlichen Leistungen, wie die Lieferung von Strom, stellen bloße Nebenleistungen dar und sind für die Einstufung als Vermietungsleistung unschädlich. Entscheidend für die Qualifikation als Nebenleistung ist insoweit, dass die neben der Überlassung der Räumlichkeiten erbrachte Leistung keinen eigenen Zweck hat, sondern das Mittel darstellt, um die Vermietung als sonstige Leistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen.

Dass die Klägerin die Räumlichkeiten in der Regel nur über kurze Zeiträume an ihre Kunden überließ, ist ebenfalls für die Steuerfreiheit unschädlich. Das Merkmal der "nicht nur kurzfristigen Überlassung" dient lediglich zur Abgrenzung der nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steuerfreien Vermietung von Grundstücken von der gemäß § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG nicht steuerbefreiten Vermietung von Wohn- und Schlafräumen. Bei den Räumlichkeiten handelt es sich aber nicht um Wohn- oder Schlafräume. Insoweit steht allein die Kurzfristigkeit der Nutzungsüberlassung der Annahme einer Vermietung i.S.d. von Art. 135 Abs. 2 Buchst. a MwStSysRL nicht entgegen.

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FG Münster Urteil vom 29.1.2019
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