24.08.2016

Ordnungsgemäßer Beweisantrag

Stellt ein Verfahrensbeteiligter einen ordnungsgemäßen Beweisantrag, dann ist das FG grundsätzlich verpflichtet, ihm zu entsprechen. Ein Beweisantrag darf u.a. nur dann abgelehnt werden, wenn die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung unerheblich ist, das Gericht die Wahrheit der unter Beweis gestellten Tatsache zugunsten des Beweisantragstellers unterstellt oder wenn das Beweismittel völlig ungeeignet ist.

BFH 25.7.2016, III B 148/15
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte für ihren Sohn Kindergeld bezogen. Die Familienkasse hob die Festsetzung im Oktober 2010 auf und forderte das für den Zeitraum Dezember 2009 bis September 2010 gezahlte Kindergeld zurück. Sie war der Ansicht, der Sohn habe keine Ausbildung mehr angestrebt. Der dagegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab, nachdem es zuvor einen Beschluss, aufgrund dessen der Sohn als Zeuge vernommen werden sollte, aufgehoben hatte.

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hob der BFH das Urteil des FG im Jahr 2014 auf, weil das Gericht den Klageantrag zu Unrecht als unzulässige Klage auf isolierte Aufhebung der Einspruchsentscheidung ausgelegt hatte. Im zweiten Rechtsgang trennte das FG das Verfahren hinsichtlich des Zeitraums Februar bis April 2010 ab und wies sodann die zeitlich eingeschränkte Klage ab.

Die Klägerin war der Ansicht, das FG habe zu Unrecht ihre Anträge auf Einvernahme des Sohnes und ihres Ehemannes als Zeugen abgelehnt. Auf ihre Nichtzulassungsbeschwerde hat der BFH das Urteil der Vorinstanz aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen.

Gründe:
Das FG hatte seine Pflicht zur Sachaufklärung verletzt.

Übergeht das FG zu Unrecht einen von einem Beteiligten i.S.d. § 57 FGO gestellten Beweisantrag, kann dies einen Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht gem. § 76 Abs. 1 S. 1 FGO begründen. Stellt ein Verfahrensbeteiligter einen ordnungsgemäßen Beweisantrag, dann ist das FG grundsätzlich verpflichtet, ihm zu entsprechen. Ein Beweisantrag darf u.a. nur dann abgelehnt werden, wenn die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung unerheblich ist, das Gericht die Wahrheit der unter Beweis gestellten Tatsache zugunsten des Beweisantragstellers unterstellt oder wenn das Beweismittel völlig ungeeignet ist.

Im vorliegenden Fall hatte das FG fälschlich angenommen, der Beweisantrag der Klägerin sei nicht ausreichend bestimmt und deshalb nicht ordnungsgemäß gestellt worden. Ein FG muss einem Beweisantrag nachkommen, wenn dieser substantiiert ist. Ein Beweisantrag ist unsubstantiiert, wenn nicht angegeben wird, welche konkrete Tatsache durch welches Beweismittel nachgewiesen werden soll. Die Klägerin hatte lt. Niederschrift über die mündliche Verhandlung jedoch beantragt, Beweis zu erheben über die Behauptung, dass sich der Sohn ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht habe, und zwar durch Einvernahme ihres Sohnes und ihres Ehemannes als Zeugen.

Ob dieser Beweisantrag bei isolierter Betrachtung ausreichend konkretisiert ist, brauchte der Senat nicht zu entscheiden, da auch die prozessuale Vorgeschichte einzubeziehen war. Die Klägerin hatte nämlich bereits im ersten Rechtsgang im Jahr 2014 ausreichend konkretisierte Beweisanträge gestellt. Darin hatte sie ihren Sohn und ihren Ehemann als Zeugen für die Tatsache benannt, dass sich der Sohn im Zeitraum Dezember 2009 bis September 2010 bei mehreren Stellen um einen Ausbildungsplatz bemüht habe und dass auch ihr Ehemann bei einzelnen namentlich aufgeführten Firmen vorgesprochen habe. Damit war das Beweisthema in ausreichendem Maße substantiiert.

Linkhinweis:

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