Organschaft und Durchschnittssätze für landwirtschaftliche Betriebe
BFH 10.8.2017, V R 64/16Der Kläger bewirtschaftete in den Streitjahren 2004 und 2005 einen Aussiedlerhof und baute Gemüse, Zuckerrüben, Kartoffeln und Getreide an. Er war zudem alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer der A-GmbH. Der Kläger veräußerte das von ihm selbst erzeugte Gemüse an die GmbH, die es wusch, entstielte, verpackte und verkaufte.
Im Anschluss an eine Umsatzsteuersonderprüfung ging das Finanzamt davon aus, dass zwischen dem Kläger und der GmbH eine Organschaft bestanden habe. Daher seien die Eingangs- und Ausgangsumsätze der GmbH dem Kläger zuzurechnen.
Mit seiner gegen die Umsatzsteuerbescheide für beide Streitjahre gerichteten Klage macht der Kläger geltend, dass sich aus der Organschaft ergebe, dass die Umsätze der GmbH nach § 24 UStG der Durchschnittssatzbesteuerung unterlägen. § 24 Abs. 2 S. 3 UStG sei als unionsrechtswidrige Regelung unbeachtlich. Zudem sei er als Organträger und Steuerschuldner auch keine Kapitalgesellschaft.
Das FG gab der Klage statt. Die Revision des Finanzamts hatte vor dem BFH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Ist der Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs Organträger, so unterliegen auch die Lieferungen der Erzeugnisse dieses Betriebs durch die Organgesellschaft der Besteuerung nach Durchschnittssätzen (§ 24 UStG). Das FG hat daher im Ergebnis zutreffend entschieden, dass der Kläger aufgrund der zwischen ihm und seiner GmbH bestehenden Organschaft berechtigt ist, die Umsätze der GmbH nach § 24 UStG zu versteuern, soweit die GmbH vom Kläger hergestellte landwirtschaftliche Erzeugnisse geliefert hat.
Die Organschaft bewirkt nicht nur eine Zurechnung von Umsätzen, sondern beeinflusst auch die Höhe der für den Organträger entstehenden Steuer. So kommt es etwa für den Vorsteuerabzug des Organträgers auf die Verhältnisse des gesamten Organkreises an. Bezieht der Organträger eine Leistung, die er an eine Organgesellschaft weitergibt, bestimmt sich der Vorsteuerabzug nach der Verwendung der Leistung bei der Organgesellschaft. Darüber hinaus beeinflusst die Behandlung als ein Unternehmen auch die steuerrechtliche Qualifikation der durch den Organkreis erbrachten Umsätze.
Liefert der Organträger z.B. ein Grundstück, das durch die Organgesellschaft bebaut wird, führt die Behandlung als ein Unternehmen dazu, dass - ebenso wie wenn sich eine Person zur Lieferung eines noch zu bebauenden Grundstücks verpflichtet - eine einheitliche Leistung vorliegt. Die organschaftliche Zusammenfassung von Organträger und Organgesellschaft führt daher im Anwendungsbereich von § 24 UStG dazu, dass Umsätze im Sinne dieser Vorschrift auch dann vorliegen, wenn die landwirtschaftliche Erzeugertätigkeit und die Lieferung der so erzeugten Gegenstände durch unterschiedliche Unternehmen des Organkreises ausgeführt werden. Dagegen kommt es nicht darauf an, dass die GmbH auch landwirtschaftliche Dienstleistungen erbringt.
Linkhinweis:
- Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
- Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.