13.04.2023

Photovoltaik-Anlage: Vorsteuerabzug aus Reparaturkosten für Hausdach

1. Maßgebend für den Vorsteuerabzug ist nicht nur die Verwendung der vom Steuerpflichtigen bezogenen Eingangsleistung, sondern auch der ausschließliche Entstehungsgrund des Eingangsumsatzes.
2. Wird aufgrund der unsachgemäßen Montage einer unternehmerisch genutzten Photovoltaik-Anlage das Dach eines eigenen Wohnzwecken dienenden Hauses beschädigt, steht dem Unternehmer für die zur Beseitigung des Schadens notwendigen Zimmerer- und Dachdeckerarbeiten der Vorsteuerabzug zu.
3. Die weitere auch eigenen Wohnzwecken dienende Nutzung des Hausdachs ist für den Vorsteuerabzug jedenfalls dann nicht maßgeblich, wenn dem Unternehmer über die Schadensbeseitigung hinaus in seinem Privatvermögen kein verbrauchsfähiger Vorteil verschafft wird.

Kurzbesprechung
BFH v. 7. 12. 2022 - XI R 16/21

UStG § 15 Abs 1 S 1 Nr. 1 S 1
EGRL 112/2006 Art 168 Buchst a


Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Der Steuerpflichtige ist berechtigt, die geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen abzuziehen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden oder werden, soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden.

Dazu muss ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen, die das Recht auf Vorsteuerabzug eröffnen, bestehen. Das Abzugsrecht ist nur gegeben, wenn die Ausgaben zu den Kostenelementen der besteuerten, zum Abzug berechtigenden Ausgangsumsätze gehören. Das Vorhandensein eines solchen Zusammenhangs ist in Anbetracht des objektiven Inhalts des betreffenden Umsatzes zu beurteilen.

Maßgebend für den Vorsteuerabzug ist jedoch nicht nur die Verwendung der vom Steuerpflichtigen erworbenen Gegenstände und Dienstleistungen, sondern auch der ausschließliche Entstehungsgrund des Eingangsumsatzes, da dieser ein Kriterium für die Bestimmung des objektiven Inhalts ist. Kosten stehen daher auch dann in einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen, soweit sie ihren ausschließlichen Entstehungsgrund in dieser Tätigkeit haben. Ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang liegt daher vor, wenn die Eingangsleistung für die wirtschaftliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen "unerlässlich" ist.

Im Streitfall lag der ausschließliche Entstehungsgrund für die streitigen Vorsteuerbeträge in der unternehmerischen Sphäre des Steuerpflichtigen, die Reparaturkosten waren Teil der Kostenelemente der Ausgangsumsätze der PV-Anlage. Der Schaden an dem ansonsten voll funktionsfähigen Dach war ausschließlich durch die unsachgemäße Montage der PV-Anlage im Jahr 2009 entstanden und die Reparatur war nur in dem hierfür erforderlichen Umfang und damit nur auf einer Dachseite erfolgt. Dies genügt für eine Bejahung des Vorsteuerabzugs nach Maßgabe des ausschließlichen Entstehungsgrundes.

Dagegen ist die zukünftige Nutzung des reparierten Gegenstands für den Vorsteuerabzug jedenfalls dann nicht maßgeblich, wenn dem Unternehmer ‑ wie im Streitfall ‑ über die Schadensbeseitigung hinaus in seinem Privatvermögen kein verbrauchsfähiger Vorteil verschafft wird. Denn es liefe dem Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer zuwider, wenn ein Steuerpflichtiger für Ausgaben, die für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze erbracht wurden, deshalb die Mehrwertsteuer tragen müsste, weil einem Dritten durch diese Ausgaben ein nebensächlicher Vorteil entsteht, wie dies z.B. der Fall wäre, wenn der Steuerpflichtige die PV-Anlage auf einem angemieteten Hausdach betrieben hätte und dieses hierbei beschädigt worden wäre. Für den Privatbereich des Unternehmers kann insoweit nichts anderes gelten.

Besteht der für den Vorsteuerabzug erforderliche Zusammenhang unter Berücksichtigung des ausschließlichen Entstehungsgrundes, genügt dies für die Bejahung des Vorsteuerabzugs. Auch steht der Umstand, dass das Wohnhaus des Steuerpflichtigen, dessen Dach repariert worden ist, sich in dessen Privatvermögen befindet, dem begehrten Vorsteuerabzug nicht entgegen. Denn die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen bestimmt nur die Anwendung des Mehrwertsteuersystems auf den Gegenstand selbst und nicht auf Gegenstände und Dienstleistungen für seine Nutzung und Wartung. Das Recht auf Abzug der Vorsteuer für diese Gegenstände und Dienstleistungen ist eine gesonderte Frage, die insbesondere von dem Zusammenhang zwischen diesen Gegenständen und Dienstleistungen und den besteuerten Umsätzen des Steuerpflichtigen abhängt.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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