20.09.2019

Polizei darf Fotos von Versammlungen nicht auf Twitter und Facebook veröffentlichen

Polizeibeamte des Polizeipräsidiums Essen waren nicht berechtigt, Fotos von Teilnehmern einer Versammlung in Essen-Steele zu machen und diese auf dem Facebook-Profil der Polizei sowie auf Twitter für die Öffentlichkeitsarbeit der Polizei zu veröffentlichen. Eine zur Rechtfertigung des Grundrechtseingriffs erforderliche gesetzliche Ermächtigungsgrundlage besteht nicht.

OVG Münster v. 17.9.2019 - 15 A 4753/18
Der Sachverhalt:
Die beiden Kläger waren Teilnehmer einer Versammlung in Essen-Steele. Polizeibeamte des Polizeipräsidiums Essen machten dort Fotos und veröffentlichten diese auf dem Facebook-Profil der Polizei sowie auf Twitter. Die Kläger waren auf den veröffentlichten Bildern als Teilnehmer der Versammlung zu sehen. Mit ihrer Klage begehren sie die Feststellung, dass das Vorgehen der Polizei rechtswidrig war.

Das VG gab der Klage statt. Die Berufung des beklagten Landes hatte vor dem OVG keinen Erfolg. Die Revisionen zum BVerwG wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Die Gründe:
Mit dem Anfertigen der Fotos, um diese im Rahmen der polizeilichen Öffentlichkeitsarbeit auf Twitter und Facebook zu publizieren, haben die Polizeibeamten in das Versammlungsgrundrecht aus Art. 8 Abs. 1 GG eingegriffen.

Polizeiliche Foto- und Videoaufnahmen von Versammlungen sind grundsätzlich geeignet, einschüchternd, abschreckend oder in sonstiger Weise verhaltenslenkend auf die Teilnehmer einer Versammlung zu wirken. Das gilt auch für Aufnahmen, die erklärtermaßen für die Öffentlichkeitsarbeit der Polizei Verwendung finden sollen. Eine zur Rechtfertigung des Grundrechtseingriffs erforderliche gesetzliche Ermächtigungsgrundlage besteht nicht. Das VersammlG erlaubt Film- und Tonaufnahmen nur zum Zwecke der Gefahrenabwehr.

Darüber hinaus kann das Land sich auch nicht erfolgreich auf das KunstUrhG oder auf die allgemeine Befugnis zu staatlichem Informationshandeln berufen. Eine effektive und zeitgemäße polizeiliche Öffentlichkeitsarbeit wird dadurch nicht unmöglich gemacht. Die Polizei kann über ein Versammlungsgeschehen auch ohne die in Rede stehenden Bilder informieren, ohne gänzlich auf eine Bebilderung zu verzichten. So könnte sie etwa ausschließlich ihre eigenen Einsatzkräfte und -mittel abbilden oder auf Archivfotomaterial zurückgreifen, auf dem der Versammlungsort zu sehen ist.
OVG Münster PM vom 17.9.2019
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