22.08.2012

"Praxisgebühr" ist nicht als Sonderausgabe abziehbar

Zwar können Steuerpflichtige "Beiträge zu Krankenversicherungen" als Sonderausgaben abziehen. Darunter fallen jedoch nicht die Zuzahlungen in der Gesetzlichen Krankenversicherung nach § 28 Abs. 4 SGB V, die sog. "Praxisgebühren", da der Versicherungsschutz in diesen Fällen unabhängig von der Zahlung der "Praxisgebühr" gewährt wird.

BFH 18.7.2012, X R 41/11
Der Sachverhalt:
Die Kläger sind Ehegatten, die im Streitjahr 2007 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt worden waren. Sie machten in ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr Zuzahlungen nach § 28 Abs. 4 S. 1 i.V.m. § 61 S. 2 SGB V (sog. "Praxisgebühren") i.H.v. 140 € als Sonderausgaben in Form von Vorsorgeaufwendungen geltend. Das Finanzamt berücksichtigte die Zuzahlungen jedoch nicht als Sonderausgaben, sondern als außergewöhnliche Belastungen. Da die Zuzahlungen die zumutbare Belastung nach § 33 Abs. 3 S. 1 EStG allerdings nicht überstiegen, ergab sich keine steuerliche Auswirkung.

Die hiergegen gerichtete Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.

Die Gründe:
Die von den Klägern geltend gemachten Zuzahlungen nach § 28 Abs. 4 SGB V waren nicht als Sonderausgaben in Form von Beiträgen zu Krankenversicherungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG zu berücksichtigen.

Danach können Steuerpflichtige zwar "Beiträge zu Krankenversicherungen" als Sonderausgaben abziehen. Darunter fallen jedoch nur solche Ausgaben, die zumindest im Zusammenhang mit der Erlangung des Versicherungsschutzes stehen, also letztlich der Vorsorge dienen. Bei der hier maßgeblichen "Praxisgebühr" ist dies allerdings nicht der Fall, da der Versicherungsschutz in der Gesetzlichen Krankenversicherung unabhängig von der Zahlung der "Praxisgebühr" gewährt wird. Sie stellt vielmehr eine Form der Selbstbeteiligung der Versicherten an ihren Krankheitskosten dar.

Die Entstehungsgeschichte der Vorschrift des § 28 Abs. 4 SGB V bestätigt dieses Ergebnis. Die Vorschrift wurde durch das GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003 in das SGB V eingefügt. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte die durch den Ausgabenanstieg im Bereich der GKV entstandene Finanzierungslücke nicht durch eine weitere Steigerung der Beitragssätze finanziert werden. Vielmehr sollten die Versicherten - mittels einer Neugestaltung der Zuzahlungsregelungen, wie der Zuzahlung nach § 28 Abs. 4 SGB V - künftig eine angemessene Beteiligung an ihren Krankheitskosten tragen.

Ob "Praxisgebühren" als außergewöhnliche Belastung nach § 33 Abs. 1 EStG in Form von Krankheitskosten geltend gemacht werden können, konnte offenlassen werden. Im Streitfall wurde die dem Kläger zumutbare Belastung gem. § 33 Abs. 3 EStG nicht erreicht. Die Zahlungen hätten sich schon aus diesem Grund bei ihm steuerlich nicht auswirken können.

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BFH PM Nr. 58 vom 22.8.2012
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