"PreMaster-Programm" berechtigt auch in der Unternehmensphase zum Bezug von Kindergeld
FG Baden-Württemberg 4.12.2013, 1 K 775/13Der Kläger erhielt für seine im Oktober 1987 geborene Tochter fortlaufend Kindergeld. Im Mai 2012 hob die beklagte Familienkasse die Kindergeldfestsetzung ab August 2011 auf, nachdem die Tochter ihr Studium der Außenwirtschaft an der Hochschule X im Juli 2011 mit dem Bachelor-Abschluss beendet hatte. Der Aufhebungsbescheid wurde bestandskräftig. Im September 2012 beantragte der Kläger ihm wieder Kindergeld zu zahlen. Seine Tochter sei seit September 2012 an der Hochschule X im Master-Studiengang International Business Development eingeschrieben. Sie nehme an dem sog. "PreMaster-Programm" der Firma Z teil und befinde sich daher wieder in Ausbildung.
Mit einem solchen PreMaster-Programm unterstützen Unternehmen Absolventen von Bachelor-Studiengängen auf dem Weg zum Abschluss eines Master-Studiums. In der dem eigentlichen Master-Studium vorangehenden einjährigen sog. "Unternehmensphase" werden den angehenden Studenten im Betrieb fachspezifische Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen vermittelt. Im Rahmen dieses Trainings "on-the-job" werden sie im Unternehmen einer "Ankerabteilung" zugewiesen und von einem persönlichen Mentor betreut. Die Teilnehmer sind verpflichtet, unmittelbar nach Abschluss der Unternehmensphase ein Masterstudium aufzunehmen.
Die Familienkasse sah diese Unternehmensphase wegen des vorangegangenen Bachelorstudiums als Zweitausbildung und - wegen des von dem Unternehmen gezahlten erheblichen Entgelts - als eine Erwerbstätigkeit an, die einem Anspruch auf Kindergeld entgegenstehe.
Das FG gab der Klage teilweise statt. Das Urteil ist rechtskräftig.
Die Gründe:
Der Bescheid der Familienkasse von Mai 2012, mit dem sie die Kindergeldfestsetzung ab August 2011 aufgehoben hat, ist wirksam und bestandskräftig, da der Kläger nicht rechtzeitig Einspruch eingelegt hat. Die (negative) Bindungswirkung des Aufhebungsbescheids erstreckt sich bis Ende Mai 2012. Für die Monate Juni 2012 bis September 2012 hat der Kläger jedoch Anspruch auf Kindergeld, weil seine Tochter in dieser Zeit an der Unternehmensphase des PreMaster-Programms der Firma Z teilgenommen hat und es sich hierbei um ein Ausbildungsdienstverhältnis handelte.
Das PreMaster-Programm diente auch in der Unternehmensphase der Berufsausbildung. Die Unternehmensphase des PreMaster-Programms bei der Firma Z war notwendiger Teil der Berufsausbildung der Klägerin mit dem Ziel eines Master-Abschlusses. Es kann vorliegend offen bleiben, ob es sich bei dem abgeschlossenen Bachelorstudium der Tochter um eine erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium gehandelt hat. Die Unternehmensphase des PreMaster-Programms der Firma Z fand in einem Ausbildungsdienstverhältnis statt, weshalb die in dieser Zeit ausgeübte Erwerbstätigkeit unschädlich ist.
Ein Ausbildungsdienstverhältnis liegt vor, wenn die Ausbildungsmaßnahme Gegenstand des Dienstverhältnisses ist. Das Dienstverhältnis muss darauf ausgerichtet sein, die Zeit und Arbeitskraft des Kindes in erster Linie für die Ausbildung und nicht für die Erwerbstätigkeit einzusetzen. Wird das Dienstverhältnis durch Ausbildungszwecke geprägt, hält es der Gesetzgeber für gerechtfertigt, eine daneben ausgeübte Erwerbstätigkeit als unschädlich anzusehen. Auf die Höhe der Vergütung kommt es bei einem Ausbildungsdienstverhältnis nicht an.
Danach fand die Teilnahme der Tochter des Klägers am PreMaster-Programm der Firma Z im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses statt. Das Programm dient nach seiner allgemeinen Zielsetzung der Unterstützung von Bachelorabsolventen auf dem Weg zum Master. Die Studenten erfahren eine fachspezifische Praxis und persönliche Betreuung. Sie sollen durch ein intensives Training "on-the-job" auf ihr späteres Master-Studium vorbereitet werden. Das PreMaster-Programm ist kein "Schnupper-Praktikum", sondern eine zielgerichtete Vorbereitung für das jeweilige Masterstudium des Teilnehmers.
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