05.11.2020

Prozesskosten im Zusammenhang mit einem Umgangsrechtsstreit keine außergewöhnlichen Belastungen

Zivilprozesskosten sind auch dann vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausgeschlossen, wenn sie für einen Umgangsrechtsstreit zwecks Rückführung eines entführten Kindes aus dem Ausland zurück nach Deutschland entstanden sind.
Entsprechendes gilt für Aufwendungen für einen Prozess wegen eines ärztlichen Behandlungsfehlers sowie für einen Prozess über das Umgangsrecht mit einem gemeinsamen Kind.

Kurzbesprechung
BFH v. 13.08.2020 - VI R 15/18 sowie vom 13.8.2020 - VI R 27/18

EStG § 33

Im Streitfall VI R 15/18 wurde die Tochter des Steuerpflichtigen kurz nach der Geburt von der Mutter in deren Heimatland in Südamerika verbracht. Der Steuerpflichtige versuchte -- vergeblich --, die Tochter mittels des Verfahrens zum Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung nach Deutschland zurückzuholen. Die dafür bisher entstandenen Gerichts- und Anwaltskosten von über 20.000 € machte er als außergewöhnliche Belastung geltend. Während das FA die geltend gemachten steuermindernden Abzug ablehnte bekam der Steuerpflichtige vor dem FG Recht. Der BFH folgte jedoch m Revisionsverfahren der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung und wies die Klage ab.

Für Prozesskosten gilt ab dem Veranlagungszeitraum 2013 ein grundsätzliches, gesetzlich normiertes Abzugsverbot (§ 33 Abs. 2 Satz 4 EStG). Nur wenn der Steuerpflichtige ohne die Aufwendungen Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine notwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, ist ein Abzug der Prozesskosen (ausnahmsweise) zulässig.

Existenzgrundlage im Sinne des Gesetzes ist aber nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers allein die materielle Lebensgrundlage des Steuerpflichtigen. Im Streitfall war durch die Kindesentführung eine besondere emotionale und auch finanzielle Belastung für den Steuerpflichtigen eingetreten, die jedoch lediglich dessen immaterielle Existenzgrundlage betraf. Es ist jedoch nach Auffassung des BFH verfassungsrechtlich nicht geboten, die Begriffe der Existenzgrundlage und der lebensnotwendigen Bedürfnisse in § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG (auch) in einem immateriellen Sinne zu deuten.

Im Streitfall VI R 27/18 ging es um die Kosten eines Prozesses über einen ärztlichen Behandlungsfehler sowie um Prozesskosten, die infolge von Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit dem Umgangsrecht mit einem gemeinsamen Kind entstanden waren.

Auch hier verneinte der BFH die nach § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG erforderliche Zwangsläufigkeit infolge einer Gefährdung der materiellen Lebensgrundlage der Steuerpflichtigen und damit eine Gefährdung der Existenzgrundlage im Sinne des Gesetzes.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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