Prozesskosten im Zusammenhang mit einem Umgangsrechtsstreit können nicht als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden
BFH v. 13.8.2020 - VI R 15/18
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Vater einer im Januar 2012 geborenen Tochter. Seit Juni 2012 leben er und seine frühere Ehefrau, die Mutter seiner Tochter, dauernd getrennt. Mutter und Kind leben seitdem in Südamerika. In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2014 machte der Kläger neben Krankheitskosten und Aufwendungen für Fahrten zu Ärzten Prozesskosten i.H.v. rd. 21.000 € als außergewöhnliche Belastung geltend.
Das Finanzamt berücksichtigte lediglich die Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung, die sich wegen der zumutbaren Belastung nicht auswirkten. Die Prozesskosten könnten gem. § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG nicht berücksichtigt werden. Der Kläger trug demgegenüber vor, die Aufwendungen seien ihm im Rahmen von Verfahren zum Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung entstanden, nachdem seine frühere Ehefrau die gemeinsame Tochter nach einer Urlaubsreise nicht nach Deutschland zurückgebracht, sondern in Südamerika behalten habe.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision des Finanzamts hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.
Die Gründe:
Das FG hat die Prozesskosten des Klägers zu Unrecht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt.
Für Prozesskosten gilt ab dem Veranlagungszeitraum 2013 ein grundsätzliches Abzugsverbot (§ 33 Abs. 2 Satz 4 EStG). Nur wenn der Steuerpflichtige ohne die Aufwendungen Gefahr läuft, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine notwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, ist ein Abzug der Prozesskosen (ausnahmsweise) zulässig. Existenzgrundlage im Sinne des Gesetzes ist aber nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers allein die materielle Lebensgrundlage des Steuerpflichtigen.
Vorliegend ist durch die Kindesentführung ungeachtet der besonderen emotionalen und auch finanziellen Belastung für den Kläger allein dessen immaterielle Existenzgrundlage betroffen. Es ist auch verfassungsrechtlich nicht geboten, die Begriffe der Existenzgrundlage und der lebensnotwendigen Bedürfnisse in § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG (auch) in einem immateriellen Sinne zu deuten. Der BFH bestätigte damit seine bisherige strenge Auffassung, der das FG mit einem sog. Rüttelurteil entgegengetreten war.
BFH PM Nr. 52 vom 5.11.2020
Der Kläger ist Vater einer im Januar 2012 geborenen Tochter. Seit Juni 2012 leben er und seine frühere Ehefrau, die Mutter seiner Tochter, dauernd getrennt. Mutter und Kind leben seitdem in Südamerika. In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2014 machte der Kläger neben Krankheitskosten und Aufwendungen für Fahrten zu Ärzten Prozesskosten i.H.v. rd. 21.000 € als außergewöhnliche Belastung geltend.
Das Finanzamt berücksichtigte lediglich die Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung, die sich wegen der zumutbaren Belastung nicht auswirkten. Die Prozesskosten könnten gem. § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG nicht berücksichtigt werden. Der Kläger trug demgegenüber vor, die Aufwendungen seien ihm im Rahmen von Verfahren zum Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung entstanden, nachdem seine frühere Ehefrau die gemeinsame Tochter nach einer Urlaubsreise nicht nach Deutschland zurückgebracht, sondern in Südamerika behalten habe.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision des Finanzamts hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.
Die Gründe:
Das FG hat die Prozesskosten des Klägers zu Unrecht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt.
Für Prozesskosten gilt ab dem Veranlagungszeitraum 2013 ein grundsätzliches Abzugsverbot (§ 33 Abs. 2 Satz 4 EStG). Nur wenn der Steuerpflichtige ohne die Aufwendungen Gefahr läuft, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine notwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, ist ein Abzug der Prozesskosen (ausnahmsweise) zulässig. Existenzgrundlage im Sinne des Gesetzes ist aber nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers allein die materielle Lebensgrundlage des Steuerpflichtigen.
Vorliegend ist durch die Kindesentführung ungeachtet der besonderen emotionalen und auch finanziellen Belastung für den Kläger allein dessen immaterielle Existenzgrundlage betroffen. Es ist auch verfassungsrechtlich nicht geboten, die Begriffe der Existenzgrundlage und der lebensnotwendigen Bedürfnisse in § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG (auch) in einem immateriellen Sinne zu deuten. Der BFH bestätigte damit seine bisherige strenge Auffassung, der das FG mit einem sog. Rüttelurteil entgegengetreten war.