Prozesskosten wegen erbrechtlicher Ansprüche sind nicht als außergewöhnliche Belastung absetzbar
Schleswig-Holsteinisches FG 18.3.2015, 2 K 256/12Die Kläger hatten in ihrer gemeinsamen Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2011 u.a. "Prozesskosten Erbsache" i.H.v. 1.668 € und "Anwaltskosten Erbsache" i.H.v. 4.144 € als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht. Die Kosten basierten auf einem Rechtsstreit, mit dem die Klägerin gegen die Erben ihres leiblichen Vaters Auskunfts- und Pflichtteilsansprüche geltend gemacht hatte.
Das Finanzamt wies darauf hin, dass die Anwalts- und Prozesskosten (Erbsache) keine außergewöhnlichen Belastungen darstellten und daher steuerlich nicht abzugsfähig seien. Die Kläger nahmen auf die BFH-Rechtsprechung Bezug und machten weiterhin die Berücksichtigung der Zivilprozesskosten geltend.
Das FG wies die Klage ab. Allerdings wurde im Hinblick auf die unverändert für die Jahre bis 2012 ungeklärte Rechtslage und die Vielzahl der anhängigen Verfahren die Revision zugelassen. Das Verfahren ist beim BFH unter dem Az.: VI R 29/15 anhängig.
Die Gründe:
Unter Berücksichtigung der früheren Rechtsprechungsgrundsätze waren die im Streitfall geltend gemachten Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.
In dem zugrunde liegenden Rechtsstreit war es um Auskunfts- und Pflichtteilsansprüche gegangen, die die Klägerin gegenüber den Erben ihres verstorbenen leiblichen Vaters geltend gemacht hatte. Damit waren keine existentiell wichtigen Bereiche oder der Kernbereich des menschlichen Lebens betroffen. Die Klägerin war letztlich ein Prozessrisiko eingegangen, mit dem Ziel, eine Vermögensbereicherung zu erzielen. Eine Zwangsläufigkeit dieser Aufwendungen i.S.d. früheren BFH-Rechtsprechung war nicht dargelegt.
Damit hat sich der Senat gegen das BFH-Urteil vom 12.5.2011 (Az.: VI R 42/10) gestellt. Nach der nunmehr vom BFH vertretenen Auffassung ergibt sich die rechtliche Zwangsläufigkeit der für die Durchführung eines Zivilprozesses entstandenen Kosten unabhängig vom Gegenstand des Verfahrens aus dem staatlichen Gewaltmonopol und der daraus folgenden Notwendigkeit für den Steuerpflichtigen, streitige Ansprüche gerichtlich durchzusetzen oder abzuwehren. Die für die Anerkennung außergewöhnlicher Belastungen i.S.d. § 33 Abs. 1 EStG erforderliche Unausweichlichkeit liegt für den Steuerpflichtigen bereits darin, dass er - will er sein Recht durchsetzen - im Verfassungsstaat des Grundgesetzes den Rechtsweg beschreiten muss. Unausweichlich sollen derartige Aufwendungen allerdings nur dann sein, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Allerdings lässt die neuere Rechtsprechung des BFH, wonach jeder mit hinreichender Erfolgsaussicht geführte Zivilprozess als unausweichlich und damit als zwangsläufig i.S.d. § 33 EStG anzusehen wäre, die dem Tatbestand des § 33 EStG immanente Beschränkung auf den existentiell notwendigen Lebensbedarf außer Acht. Einen Abzug derartiger Aufwendungen gebietet schon allein das subjektive Nettoprinzip nicht. Insofern folgt der Senat den Ausführungen des FG Düsseldorf in dem Urteil vom 11.2.2014 (Az.: 13 K 3724/12 E). Ablehnend gegenüber der geänderten Rechtsprechung auch FG Hamburg (Urt.: v. 24.9.2012, Az.: 1 K 195/11).
Hintergrund:
Der Gesetzgeber hat auf die geänderte Rechtsprechung des BFH mit einem sog. "Nichtanwendungsgesetz" reagiert. Nach § 33 Abs. 2 S. 4 EStG i.d.F. des AmtshilfeRLUmsG sind ab 2013 Kosten für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.
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