Rechtsbehelfsbelehrung: Kein Hinweis auf Einspruch per E-Mail erforderlich
FG Münster 6.7.2012, 11 V 1706/12 EDie Antragstellerin ist eine GmbH, deren Unternehmensgegenstand der Erwerb, der Umbau, die Verwaltung, Bewirtschaftung und spätere Veräußerung einer Gewerbeimmobilie ist. Nachdem das Finanzamt von der Veräußerung des Objektes an die Antragstellerin erfahren hatte, verpflichtete es die Antragstellerin durch Bescheid, einen Steuerabzug gem. § 50a Abs. 7 EStG durchzuführen, d.h. aus dem an eine ausländische Gesellschaft zu zahlenden Kaufpreis einen Teilbetrag i.H.v. 750.000 € an den Fiskus zu leisten.
Der hiergegen gerichtete Einspruch der Antragstellerin ging erst nach Ablauf der einmonatigen Einspruchsfrist beim Finanzamt ein. Allerdings wandte die Antragstellerin ein, die in dem Bescheid enthaltene Rechtsbehelfsbelehrung sei unzutreffend, da sie keinen Hinweis darauf enthalte, dass der Einspruch auch per E-Mail eingelegt werden könne. Ihr Einspruch sei daher zulässig, da bei einer unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung keine Monats-, sondern eine Jahresfrist für die Einspruchserhebung gelte (§ 356 Abs. 2 AO).
Das FG wies den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab. Die Beschwerde zum BFH wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Die Gründe:
Es bestehen keine ernstlichen Zweifel daran, dass der streitige Bescheid bestandskräftig geworden ist, weil der Einspruch der Antragstellerin vom 13.4.2012 gegen den Bescheid vom 10.10.2011 verfristet ist. Im Zeitpunkt der Einspruchseinlegung war die Monatsfrist des § 355 Abs. 1 AO offensichtlich bereits abgelaufen.
Die Jahresfrist des § 356 Abs. 2 AO gilt nicht, da die Rechtsbehelfsbelehrung nicht unrichtig ist. Die Entscheidung darüber, welchen Inhalt eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung haben muss, verlangt die Abwägung zum Teil widerstreitender Interessen. Eine Rechtsbehelfsbelehrung muss einerseits dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz entsprechen, andererseits aber auch so einfach und klar wie möglich gehalten sein.
Unter Beachtung dieser Grundsätze stellt sich die von dem Antragsgegner verwendete Rechtsbehelfsbelehrung, die den Wortlaut des § 357 Abs. 1 S. 1 AO wiedergibt, als ausreichend dar. Ein Hinweis auf die Möglichkeit der Einspruchseinlegung in elektronischer Form war nicht erforderlich oder geboten. Zunächst wäre bereits der Hinweis auf die Möglichkeit der Einspruchseinlegung per E-Mail als solcher problematisch. Die Frage, ob ein Einspruch im Wege einer einfachen E-Mail eingelegt werden kann, ist nämlich weder - soweit ersichtlich - höchstrichterlich geklärt noch völlig unumstritten.
Hinzu kommt, dass der Hinweis auf die Möglichkeit der Einspruchseinlegung per E-Mail unvollständig ist, denn er gibt die gesetzlich vorgesehenen Arten der Einspruchseinlegung - z.B. durch andere elektronische Dokumente, wie CDs - nicht umfassend wider. Aber auch eine Belehrung darüber, dass der Einspruch schriftlich einzureichen, zur Niederschrift zu erklären oder in elektronischer Form zu erheben ist, wäre unvollständig, da sie den Bescheidadressaten über für die Wirksamkeit des Einspruchs wichtige technische Fragen, die sich bei der Nutzung elektronischer Dokumente stets ergeben, im Unklaren lässt.
Eine in diesem Sinne erweitere Rechtsbehelfsbelehrung diente jedoch nicht den Interessen der Verfahrensbeteiligten, und zwar auch nicht dem Interesse rechtsunkundiger Beteiligter. Sie wäre inhaltlich überfrachtet und würde statt Klarheit zu schaffen wegen ihres Umfangs und ihrer Kompliziertheit Verwirrung stiften. Zudem wäre ihr Inhalt - jedenfalls bis zu einer höchstrichterlichen Klärung der Frage, ob für die Einspruchseinlegung eine einfache E-Mail genügt - rechtlich zweifelhaft.
Linkhinweis:
- Der Volltext des Urteils ist erhältlich in der Rechtsprechungsdatenbank NRW.
- Um direkt zu dem Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.