Rechtsprechungsänderung zur sog. Sperrwirkung nach Art. 9 Abs. 1 OECD-MustAbk
BFH v. 27.2.2019 - I R 73/16
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine GmbH. Sie ist Alleingesellschafterin und zugleich Organträgerin der A-GmbH. Diese war im Streitjahr zu 99,98 % an einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in Belgien beteiligt. Die restlichen Anteile hielt die Klägerin selbst. Sie führte zudem für die belgische Tochtergesellschaft ein nicht besichertes Verrechnungskonto.
Nachdem die belgische Tochtergesellschaft in wirtschaftliche Schieflage geraten war, verzichtete die GmbH auf ihre Forderung aus dem Verrechnungskonto und buchte diese in ihrer Bilanz gewinnmindernd aus. Das Finanzamt neutralisierte diese Gewinnminderung nach § 1 Abs. 1 AStG. Das FG sah die Sache im Einklang mit der bisherigen BFH-Rechtsprechung allerdings anders und gab der Klage statt. Auf die Revision des Finanzamtes hat der BFH das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Gründe:
Die Vorinstanz hat zu Unrecht angenommen, dass das Einkommen der A GmbH nicht zu korrigieren ist.
Zwar ging der BFH bisher für Sachverhalte, die einem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) unterliegen, davon aus, dass sich Art. 9 Abs. 1 OECD-MustAbk auf sog. Preisberichtigungen beschränkt, wohingegen die Neutralisation der gewinnmindernden Ausbuchung einer Darlehensforderung oder eine Teilwertabschreibung ausgeschlossen ist (sog. Sperrwirkung). Allerdings beurteilt der BFH dies nunmehr anders weshalb das Urteil des FG aufgehoben wurde.
Zwar konnte in der Revisionsinstanz nicht mehr geklärt werden, ob es sich wirklich um ein steuerrechtlich anzuerkennendes Darlehen oder um Eigenkapital der belgischen Tochtergesellschaft gehandelt hatte. Doch war dies letztlich unerheblich, da die gewinnmindernde Ausbuchung durch die deutsche GmbH jedenfalls nach § 1 Abs. 1 AStG zu korrigieren war.
Die fehlende Besicherung stellte eine nicht fremdübliche (Darlehens-)Bedingung dar. Eine Beschränkung auf sog. Preisberichtigungen lässt sich weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck des Art. 9 Abs. 1 OECD-MustAbk entnehmen. Auch das Unionsrecht steht der Einkünftekorrektur nicht entgegen.
Hintergrund:
Die Entscheidung hat erhebliche Auswirkung auf die Finanzierung ausländischer Tochtergesellschaften durch inländische Gesellschafter. In einer Reihe weiterer Fälle wird der BFH demnächst die neuen Grundsätze konkretisieren.
Linkhinweis:
BFH PM Nr. 29 vom 15.5.2019
Die Klägerin ist eine GmbH. Sie ist Alleingesellschafterin und zugleich Organträgerin der A-GmbH. Diese war im Streitjahr zu 99,98 % an einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in Belgien beteiligt. Die restlichen Anteile hielt die Klägerin selbst. Sie führte zudem für die belgische Tochtergesellschaft ein nicht besichertes Verrechnungskonto.
Nachdem die belgische Tochtergesellschaft in wirtschaftliche Schieflage geraten war, verzichtete die GmbH auf ihre Forderung aus dem Verrechnungskonto und buchte diese in ihrer Bilanz gewinnmindernd aus. Das Finanzamt neutralisierte diese Gewinnminderung nach § 1 Abs. 1 AStG. Das FG sah die Sache im Einklang mit der bisherigen BFH-Rechtsprechung allerdings anders und gab der Klage statt. Auf die Revision des Finanzamtes hat der BFH das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Gründe:
Die Vorinstanz hat zu Unrecht angenommen, dass das Einkommen der A GmbH nicht zu korrigieren ist.
Zwar ging der BFH bisher für Sachverhalte, die einem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) unterliegen, davon aus, dass sich Art. 9 Abs. 1 OECD-MustAbk auf sog. Preisberichtigungen beschränkt, wohingegen die Neutralisation der gewinnmindernden Ausbuchung einer Darlehensforderung oder eine Teilwertabschreibung ausgeschlossen ist (sog. Sperrwirkung). Allerdings beurteilt der BFH dies nunmehr anders weshalb das Urteil des FG aufgehoben wurde.
Zwar konnte in der Revisionsinstanz nicht mehr geklärt werden, ob es sich wirklich um ein steuerrechtlich anzuerkennendes Darlehen oder um Eigenkapital der belgischen Tochtergesellschaft gehandelt hatte. Doch war dies letztlich unerheblich, da die gewinnmindernde Ausbuchung durch die deutsche GmbH jedenfalls nach § 1 Abs. 1 AStG zu korrigieren war.
Die fehlende Besicherung stellte eine nicht fremdübliche (Darlehens-)Bedingung dar. Eine Beschränkung auf sog. Preisberichtigungen lässt sich weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck des Art. 9 Abs. 1 OECD-MustAbk entnehmen. Auch das Unionsrecht steht der Einkünftekorrektur nicht entgegen.
Hintergrund:
Die Entscheidung hat erhebliche Auswirkung auf die Finanzierung ausländischer Tochtergesellschaften durch inländische Gesellschafter. In einer Reihe weiterer Fälle wird der BFH demnächst die neuen Grundsätze konkretisieren.
Linkhinweis:
- Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
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