17.02.2020

Rollstuhlgerechte Umbaumaßnahmen im Garten führen nicht zwangsläufig zu außergewöhnlichen Belastungen

Aufwendungen für die Anlage eines rollstuhlgerechten Weges im Garten eines Einfamilienhauses sind nicht zwangsläufig, wenn sich auf der anderen Seite des Hauses eine Terrasse befindet, die mit dem Rollstuhl erreichbar ist. Allerdings wurde - auch mit Blick auf das beim BFH anhängige Revisionsverfahren VI R 42/18 - die Revision zugelassen, da die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen Aufwendungen für den behindertengerechten Umbau eines Gartens nach § 33 EStG abgezogen werden können, grundsätzliche Bedeutung hat.

FG Münster v. 15.1.2020 - 7 K 2740/18 E
Der Sachverhalt:
Die Kläger sind Eheleute, die ein in ihrem Eigentum stehendes Einfamilienhaus mit Garten bewohnen. Die Klägerin leidet an einem Post-Polio-Syndrom, weswegen für sie ein Grad der Behinderung von 70 mit den Merkzeichen G und aG festgestellt wurde. Auf der Rückseite des Einfamilienhauses befindet sich eine Terrasse, die mit einem Rollstuhl erreicht werden kann. Auf der Vorderseite befanden sich ursprünglich Beete, auf denen die Klägerin Beerensträucher und Kräuter angebaut hatte und die lediglich durch einen schmalen Fußweg zu erreichen waren. Diesen Weg ließen die Kläger zu einer gepflasterten Fläche umbauen und legten dort Hochbeete an.

Die Kosten i.H.v. rund 6.000 € machten die Kläger als außergewöhnliche Belastungen geltend. Sie waren der Ansicht, die Maßnahme sei medizinisch notwendig gewesen und auch der Garten gehöre zum existenznotwendigen Wohnbedarf. Das Finanzamt versagte allerdings den Abzug unter Hinweis darauf, dass Aufwendungen für den Umbau eines Gartens nicht berücksichtig t werden könnten, weil dies den durchschnittlichen Wohnkomfort übersteige. Im Klageverfahren beantragten die Kläger hilfsweise, den in der Rechnung enthaltenen Lohnanteil nach § 35a EStG zu berücksichtigen.

Das FG hat die Klage mit dem Hauptantrag abgewiesen und dem Hilfsantrag im Hinblick auf 20 % der Lohnkosten stattgegeben. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Das Finanzamt ist zu Recht davon ausgegangen, dass die geltend gemachten Aufwendungen nicht nach § 33 EStG abgezogen werden können.

Zwar kann grundsätzlich auch das Hausgrundstück mit Garten zum existenziell notwendigen Wohnbereich gehören. Abzugsfähig sind allerdings nur solche Aufwendungen, die den Zugang zum Garten und damit die Nutzung des Gartens dem Grunde nach ermöglichen. Diese Möglichkeit besteht im vorliegenden Fall aufgrund der vorhandenen Terrasse auf der Rückseite des Einfamilienhauses. Demgegenüber dient die Verbreiterung des Weges auf der Vorderseite zum Anbau von Pflanzen lediglich einer Freizeitaktivität, die nicht den existenznotwendigen Wohnbedarf betrifft. Nichts anderes ergibt sich aus dem BTHG vom 23.12.2016 und dem Gesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13.12.2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderung sowie zu dem Fakultativprotokoll vom 13.12.2006.

Der Einkommensteuerbescheid für 2016 ist jedoch rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, soweit Lohnkosten i.H.v. 2.165 € im Rahmen des § 35a Abs. 3 EStG unberücksichtigt geblieben sind. Aufgrund des Einvernehmens der Beteiligten darüber verzichtete der Senat insofern auf weitere Ausführungen. Allerdings wurde - auch mit Blick auf das beim BFH anhängige Revisionsverfahren VI R 42/18 - die Revision zugelassen, da die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen Aufwendungen für den behindertengerechten Umbau eines Gartens nach § 33 EStG abgezogen werden können, grundsätzliche Bedeutung hat.
FG Münster PM vom 17.2.2020
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