14.11.2014

Rückwirkende Rechnungsberichtigung unionsrechtlich geboten

Das Niedersächsische FG hat dem EuGH die Frage vorgelegt, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen einer Rechnungsberichtigung Rückwirkung zukommen kann. Sofern eine rückwirkende Rechnungsberichtigung möglich ist, müsste der EuGH klären, ob und ggf. welche Mindestanforderungen an eine rückwirkungsfähige Rechnung zu stellen sind, insbesondere ob die (ursprüngliche) Rechnung bereits eine Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Rechnungsausstellers enthalten muss.

Niedersächsisches FG 3.7.2014, 5 K 40/14
Der Sachverhalt:
Die Klägerin betreibt einen Großhandel mit Textilien. Zwischen Februar und Mai 2013 fand bei ihr eine Außenprüfung für die Jahre 2008 bis 2011 statt. Infolgedessen das Finanzamt fest, dass ein Vorsteuerabzug aus erteilten Gutschriften der Klägerin an ihre Handelsvertreter nicht möglich sei, da die Gutschriften keine ordnungsgemäßen Rechnungen i.S.d. § 15 Abs. 1 i.V.m. § 14 Abs. 4 UStG darstellten. Die Rechnungen enthielten weder in der Provisionsabrechnung noch in den Anlagen die Steuernummer oder die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des jeweiligen Handelsvertreters.

Die Klägerin berichtigte die Provisionsabrechnungen (Gutschriften) betreffend die Streitjahre 2009 bis 2011 gegenüber ihren Handelsvertretern noch während der Außenprüfung. Ungeachtet dessen kürzte das Finanzamt die Vorsteuern entsprechend den Feststellungen der Betriebsprüfung mit der Begründung, dass die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nicht in den Streitjahren, sondern erst im Zeitpunkt der durchgeführten Rechnungsberichtigung (2013) vorlägen.

Die Klägerin war der Auffassung, dass den erfolgten Rechnungsberichtigungen Wirkung für die Vergangenheit (Streitjahre 2008 bis 2011) zukomme, da diese vor der letzten Verwaltungsentscheidung (Einspruchsbescheid im März 2014) durchgeführt worden seien. Auf ihre Klage setzte das FG das Verfahren aus und legte dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob - und ggfs. unter welchen Bedingungen - einer Rechnungsberichtigung Rückwirkung zukommt.

Die Gründe:
Das Gericht bittet den EuGH zunächst um Klarstellung, ob die von ihm in der Rechtssache "Terra Baubedarf-Handel" (Urt. v. 29.4.2004, Rs C-152/02) getroffene Feststellung, dass der Vorsteuerabzug erst im Zeitpunkt der Erstellung einer ordnungsgemäßen Rechnung vorzunehmen ist, auch für den Fall der Ergänzung einer unvollständigen Rechnung gelten soll oder ob in einem solchen Fall eine Rückwirkung zulässig ist (vgl. hierzu die EuGH-Entscheidungen "Pannon Gép" und "Petroma Transport" (Urt. v. 15.7.2010, Rs C-368/09, und 8.5.2013, Rs C-271/12).

Sofern eine rückwirkende Rechnungsberichtigung möglich ist, wäre vom EuGH weiter zu klären, ob und ggf. welche Mindestanforderungen an eine rückwirkungsfähige Rechnung zu stellen sind, insbesondere ob die (ursprüngliche) Rechnung bereits eine Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Rechnungsausstellers enthalten muss.

Zuletzt stellt sich die Frage, ob die Rechnungsberichtigung noch rechtzeitig ist, wenn sie erst im Rahmen eines Einspruchsverfahrens erfolgt. Der Senat hatte mit Beschluss vom 30.9.2013 (Az.: 5 V 217/13) bereits ernstliche Zweifel an der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung geäußert, wonach eine Rechnungsberichtigung keine Rückwirkung entfalten könne.

Hintergrund:
Die Frage der Rechnungsberichtigung hat Bedeutung für den Vorsteuerabzug. Liegen die umsatzsteuerrechtlichen Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Rechnung nicht vor, ist der Vorsteuerabzug zu versagen. Damit verbunden sind in der Regel Nachzahlungszinsen (§ 233a AO). Die Verzinsung würde allerdings entfallen, wenn eine rückwirkende Berichtigung der Rechnung zulässig wäre.

Linkhinweis:

Für den in der Rechtsprechungsdatenbank der niedersächsischen OLG veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.

FG Niedersachsen PM v. 13.11.2014
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