Schadenersatzrechtliche Rückabwicklung des Erwerbs einer Kommanditbeteiligung
Kurzbesprechung
BFH v. 19. 7. 2022 - IX R 18/20
EStG § 8 Abs 1, § 9 Abs 1 S 1, § 15a Abs 4, § 21 Abs 1 S 1 Nr. 1, § 23 Abs 3 S 4
Im Streitfall ging es um die schadenersatzrechtliche Rückabwicklung eines Beteiligungserwerbs an einer vermögensverwaltenden KG und den damit im Zusammenhang stehenden Kosten für einen Zivilprozess und vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten. Das FA lehnte die steuermindernde Berücksichtigung derartiger Kosten ebenso ab wie nachfolgend das FG. Der BFH bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz.
Aufwendungen für einen Zivilprozess und vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten können Werbungskosten sein, wenn der Gegenstand des Prozesses mit der Einkunftsart zusammenhängt, in deren Rahmen die Aufwendungen geltend gemacht werden. Der Zusammenhang ist objektiv zu bestimmen. Wird darum gestritten, ob Zahlungen erbracht werden müssen, die steuerlich berücksichtigt werden können, teilen die Prozesskosten als Folgekosten die einkommensteuerrechtliche Qualifikation der Aufwendungen, die Gegenstand des Prozesses waren. Geht es in dem Rechtsstreit um mögliche Einnahmen (oder den Ersatz von Aufwendungen) des Steuerpflichtigen, sind die Prozesskosten bei der Einkunftsart als Werbungskosten abziehbar, bei der die erstrebten Einnahmen zu erfassen wären.
Aufwendungen, die anfallen, bevor Einnahmen erzielt werden, können als vorab entstandene Werbungskosten abgezogen werden, sofern ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug begehrt wird. Nach Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht können vorab entstandene vergebliche Werbungskosten weiter abziehbar sein, wenn der Steuerpflichtige ‑ nachdem er das Scheitern seiner Investition erkannt hat ‑ etwas aufwendet, um sich aus der vertraglichen Bindung zu lösen. Der durch die Absicht der Einkünfteerzielung begründete Veranlassungszusammenhang wirkt fort, solange er nicht durch eine der Vermögenssphäre zuzuweisende neue Veranlassung überlagert wird.
Rückflüsse in Geld, die der Erwerbssphäre zuzurechnen sind, können zu Einnahmen oder zu einer Minderung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten führen. Sie führen zu Einnahmen, soweit sie Werbungskosten ersetzen (sollen), die zuvor steuermindernd abgezogen worden sind. Zu einer Minderung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten führen sie, wenn sie maßgeblich der Vermögensebene zuzurechnen sind. Ob das eine oder das andere der Fall ist, bestimmt sich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Leistung.
Ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem Anschaffungsgeschäft ist danach gegeben, wenn der maßgebende Anlass (das auslösende Moment) für den Minderungsvorgang in der Anschaffung liegt; eine rechtliche oder gar synallagmatische Verknüpfung ist nicht notwendig. Entsprechendes gilt für den Rückfluss von Werbungskosten.
Für die einkommensteuerrechtliche Qualifikation von Rückflüssen kommt es nicht darauf an, ob die Aufwendungen, mit denen sie wirtschaftlich zusammenhängen, als Werbungskosten oder als Herstellungs- oder Anschaffungskosten behandelt worden sind. Es gibt kein Korrespondenzprinzip, wonach Rückflüsse deshalb als Einnahmen zu erfassen wären, weil die Abflüsse zuvor (zu Unrecht) als Werbungskosten abgezogen worden sind.
Ob sog. negative Werbungskosten mangels gesetzlicher Regelung überhaupt anerkannt werden können, hat der BFH bisher offengelassen. Voraussetzung wäre aber in jedem Fall die Identität der an den Aufwendungen und am Rückfluss beteiligten Personen. Nur wenn die Werbungskosten von dem vormaligen Leistungsempfänger an denjenigen zurückgezahlt werden, der die Werbungskosten zuvor abgezogen hat, kann von einem Rückfluss der Werbungskosten und einer Wiederherstellung der früheren Vermögenslage gesprochen werden.
Eine Personengesellschaft ist für die Einkommensteuer insoweit Steuerrechtssubjekt, als sie in der gesamthänderischen Verbundenheit ihrer Gesellschafter Merkmale eines Besteuerungstatbestands verwirklicht, welche den Gesellschaftern für deren Besteuerung zuzurechnen sind. Solche Merkmale sind insbesondere die Verwirklichung des Tatbestands einer bestimmten Einkunftsart und das Erzielen von Gewinn oder Überschuss im Rahmen dieser Einkunftsart. Nicht die einzelnen Geschäftsvorfälle, sondern nur der auf Ebene der Gesellschaft erzielte und ermittelte Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben (bzw. Gewinn) wird den Gesellschaftern anteilig zugerechnet.
Wandelt sich das ursprüngliche Anschaffungsgeschäft in ein Rückgewährschuldverhältnis und wird deshalb eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung an einer Personengesellschaft (z.B. im Wege des Schadenersatzes) rückabgewickelt, wird der Anteil steuerrechtlich nicht veräußert. Die Rückübertragung der zuvor erworbenen Rechtsstellung stellt dann keinen marktoffenbaren Vorgang, sondern nur einen notwendigen Teilakt im Rahmen der zivilrechtlichen Rückabwicklung dar.
Ob die Rückzahlung oder Erstattung der Einlage in diesem Zusammenhang beim Gesellschafter zu steuerbaren Einnahmen führen kann, hat der BFH, soweit ersichtlich, noch nicht entschieden. Denkbar wäre dies, wenn ein hinreichender wirtschaftlicher Zusammenhang der ursprünglichen Einlageleistung mit Aufwendungen bestünde, die auf Ebene der Gesellschaft zu Werbungskosten oder Anschaffungskosten geführt haben.
Erstattet eine Personengesellschaft (wie im Streitfall) ihrem Gesellschafter im Zuge der schadenersatzrechtlichen Rückabwicklung des Beteiligungserwerbs seine Einlage, handelt es sich beim Gesellschafter ertragsteuerrechtlich um einen Vorgang auf der Vermögensebene, der bei ihm nicht zu steuerbaren Einnahmen führt. Unerheblich ist, wie die Gesellschaft die ursprüngliche Einlageleistung verwendet hat. Das ergibt sich mangels einer gesetzlichen Regelung aus allgemeinen Grundsätzen.
Soweit der Steuerpflichtige im Streitfall die Rückzahlung seiner Einlage zuzüglich Agio (Zug um Zug gegen Rückübertragung seiner Beteiligung) geltend gemacht hatte, führten die dafür angefallenen Rechtsberatungskosten bei ihm nicht zu (Sonder-)Werbungskosten. Denn die Rückzahlung der Einlage hätte bei ihm nicht zu steuerbaren Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung geführt, sondern die Anschaffungskosten für seine Beteiligung gemindert. Mangels eines steuerbaren Veräußerungsvorgangs hätte sich dies jedoch steuerlich nicht ausgewirkt.
Für das Agio gilt nichts anderes. Es berechtigt zwar nicht zum Gewinnbezug, erhöht jedoch wie die Einlage das Eigenkapital der Gesellschaft.
Das FG hatte die Rechtsverfolgungskostenzutreffend auch nicht deshalb zum Abzug zugelassen, weil sich der Steuerpflichtige von einer gescheiterten Investition lösen wollte. Denn hat der Steuerpflichtige den objektiven Tatbestand des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG bereits verwirklicht (und mithin Einkünfte erzielt) und will er die Quelle nunmehr abstoßen, wird sein Handeln davon bestimmt, keine Einkünfte mehr zu erzielen. Seine diesbezüglichen Aufwendungen dienen dann nicht mehr der Erzielung und Erhaltung von Einnahmen.
Verlag Dr. Otto Schmidt
EStG § 8 Abs 1, § 9 Abs 1 S 1, § 15a Abs 4, § 21 Abs 1 S 1 Nr. 1, § 23 Abs 3 S 4
Im Streitfall ging es um die schadenersatzrechtliche Rückabwicklung eines Beteiligungserwerbs an einer vermögensverwaltenden KG und den damit im Zusammenhang stehenden Kosten für einen Zivilprozess und vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten. Das FA lehnte die steuermindernde Berücksichtigung derartiger Kosten ebenso ab wie nachfolgend das FG. Der BFH bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz.
Aufwendungen für einen Zivilprozess und vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten können Werbungskosten sein, wenn der Gegenstand des Prozesses mit der Einkunftsart zusammenhängt, in deren Rahmen die Aufwendungen geltend gemacht werden. Der Zusammenhang ist objektiv zu bestimmen. Wird darum gestritten, ob Zahlungen erbracht werden müssen, die steuerlich berücksichtigt werden können, teilen die Prozesskosten als Folgekosten die einkommensteuerrechtliche Qualifikation der Aufwendungen, die Gegenstand des Prozesses waren. Geht es in dem Rechtsstreit um mögliche Einnahmen (oder den Ersatz von Aufwendungen) des Steuerpflichtigen, sind die Prozesskosten bei der Einkunftsart als Werbungskosten abziehbar, bei der die erstrebten Einnahmen zu erfassen wären.
Aufwendungen, die anfallen, bevor Einnahmen erzielt werden, können als vorab entstandene Werbungskosten abgezogen werden, sofern ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug begehrt wird. Nach Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht können vorab entstandene vergebliche Werbungskosten weiter abziehbar sein, wenn der Steuerpflichtige ‑ nachdem er das Scheitern seiner Investition erkannt hat ‑ etwas aufwendet, um sich aus der vertraglichen Bindung zu lösen. Der durch die Absicht der Einkünfteerzielung begründete Veranlassungszusammenhang wirkt fort, solange er nicht durch eine der Vermögenssphäre zuzuweisende neue Veranlassung überlagert wird.
Rückflüsse in Geld, die der Erwerbssphäre zuzurechnen sind, können zu Einnahmen oder zu einer Minderung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten führen. Sie führen zu Einnahmen, soweit sie Werbungskosten ersetzen (sollen), die zuvor steuermindernd abgezogen worden sind. Zu einer Minderung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten führen sie, wenn sie maßgeblich der Vermögensebene zuzurechnen sind. Ob das eine oder das andere der Fall ist, bestimmt sich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Leistung.
Ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem Anschaffungsgeschäft ist danach gegeben, wenn der maßgebende Anlass (das auslösende Moment) für den Minderungsvorgang in der Anschaffung liegt; eine rechtliche oder gar synallagmatische Verknüpfung ist nicht notwendig. Entsprechendes gilt für den Rückfluss von Werbungskosten.
Für die einkommensteuerrechtliche Qualifikation von Rückflüssen kommt es nicht darauf an, ob die Aufwendungen, mit denen sie wirtschaftlich zusammenhängen, als Werbungskosten oder als Herstellungs- oder Anschaffungskosten behandelt worden sind. Es gibt kein Korrespondenzprinzip, wonach Rückflüsse deshalb als Einnahmen zu erfassen wären, weil die Abflüsse zuvor (zu Unrecht) als Werbungskosten abgezogen worden sind.
Ob sog. negative Werbungskosten mangels gesetzlicher Regelung überhaupt anerkannt werden können, hat der BFH bisher offengelassen. Voraussetzung wäre aber in jedem Fall die Identität der an den Aufwendungen und am Rückfluss beteiligten Personen. Nur wenn die Werbungskosten von dem vormaligen Leistungsempfänger an denjenigen zurückgezahlt werden, der die Werbungskosten zuvor abgezogen hat, kann von einem Rückfluss der Werbungskosten und einer Wiederherstellung der früheren Vermögenslage gesprochen werden.
Eine Personengesellschaft ist für die Einkommensteuer insoweit Steuerrechtssubjekt, als sie in der gesamthänderischen Verbundenheit ihrer Gesellschafter Merkmale eines Besteuerungstatbestands verwirklicht, welche den Gesellschaftern für deren Besteuerung zuzurechnen sind. Solche Merkmale sind insbesondere die Verwirklichung des Tatbestands einer bestimmten Einkunftsart und das Erzielen von Gewinn oder Überschuss im Rahmen dieser Einkunftsart. Nicht die einzelnen Geschäftsvorfälle, sondern nur der auf Ebene der Gesellschaft erzielte und ermittelte Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben (bzw. Gewinn) wird den Gesellschaftern anteilig zugerechnet.
Wandelt sich das ursprüngliche Anschaffungsgeschäft in ein Rückgewährschuldverhältnis und wird deshalb eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung an einer Personengesellschaft (z.B. im Wege des Schadenersatzes) rückabgewickelt, wird der Anteil steuerrechtlich nicht veräußert. Die Rückübertragung der zuvor erworbenen Rechtsstellung stellt dann keinen marktoffenbaren Vorgang, sondern nur einen notwendigen Teilakt im Rahmen der zivilrechtlichen Rückabwicklung dar.
Ob die Rückzahlung oder Erstattung der Einlage in diesem Zusammenhang beim Gesellschafter zu steuerbaren Einnahmen führen kann, hat der BFH, soweit ersichtlich, noch nicht entschieden. Denkbar wäre dies, wenn ein hinreichender wirtschaftlicher Zusammenhang der ursprünglichen Einlageleistung mit Aufwendungen bestünde, die auf Ebene der Gesellschaft zu Werbungskosten oder Anschaffungskosten geführt haben.
Erstattet eine Personengesellschaft (wie im Streitfall) ihrem Gesellschafter im Zuge der schadenersatzrechtlichen Rückabwicklung des Beteiligungserwerbs seine Einlage, handelt es sich beim Gesellschafter ertragsteuerrechtlich um einen Vorgang auf der Vermögensebene, der bei ihm nicht zu steuerbaren Einnahmen führt. Unerheblich ist, wie die Gesellschaft die ursprüngliche Einlageleistung verwendet hat. Das ergibt sich mangels einer gesetzlichen Regelung aus allgemeinen Grundsätzen.
Soweit der Steuerpflichtige im Streitfall die Rückzahlung seiner Einlage zuzüglich Agio (Zug um Zug gegen Rückübertragung seiner Beteiligung) geltend gemacht hatte, führten die dafür angefallenen Rechtsberatungskosten bei ihm nicht zu (Sonder-)Werbungskosten. Denn die Rückzahlung der Einlage hätte bei ihm nicht zu steuerbaren Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung geführt, sondern die Anschaffungskosten für seine Beteiligung gemindert. Mangels eines steuerbaren Veräußerungsvorgangs hätte sich dies jedoch steuerlich nicht ausgewirkt.
Für das Agio gilt nichts anderes. Es berechtigt zwar nicht zum Gewinnbezug, erhöht jedoch wie die Einlage das Eigenkapital der Gesellschaft.
Das FG hatte die Rechtsverfolgungskostenzutreffend auch nicht deshalb zum Abzug zugelassen, weil sich der Steuerpflichtige von einer gescheiterten Investition lösen wollte. Denn hat der Steuerpflichtige den objektiven Tatbestand des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG bereits verwirklicht (und mithin Einkünfte erzielt) und will er die Quelle nunmehr abstoßen, wird sein Handeln davon bestimmt, keine Einkünfte mehr zu erzielen. Seine diesbezüglichen Aufwendungen dienen dann nicht mehr der Erzielung und Erhaltung von Einnahmen.