Scheidungskosten können außergewöhnliche Belastung darstellen
FG Düsseldorf 15.8.2014, 3 K 2493/12 EDie Klägerin erzielt Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Ratsmitglied, Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Apothekerin sowie Einkünfte aus Kapitalvermögen. Sie ist von ihrem Ehemann geschieden. Nach der Scheidung kam es zu einer Vielzahl gerichtlicher Auseinandersetzungen zwischen den beiden, die überwiegend den Zugewinnausgleich und den nachehelichen Unterhalt betrafen. Dabei wurde aus den jeweils erwirkten Titeln regelmäßig die Zwangsvollstreckung betrieben. Über das Vermögen des geschiedenen Ehemannes wurde zwischenzeitlich das Insolvenzverfahren eröffnet.
In ihrer Einkommensteuererklärung für 2010 machte die Klägerin Gerichtsgebühren i.H.v. 260 € und Rechtsanwaltskosten i.H.v. rund 1.798 € als außergewöhnliche Belastung geltend. Die Aufwendungen standen im Zusammenhang mit einem Beschwerdeverfahren vor dem OLG im Anschluss an eine familienrechtliche Streitigkeit vor dem AG gegen ihren geschiedenen Ehemann. Das Finanzamt ließ die Aufwendungen allerdings nicht zum Abzug zu.
Die Klägerin war der Ansicht, der Abzug der Aufwendungen sei nach dem BFH-Urteil vom 12.5.2011 (Az.: VI R 42/10) gerechtfertigt. Das Finanzamt hielt dagegen, die Aufwendungen seien auch bei Anwendung der geänderten BFH-Rechtsprechung nicht zu berücksichtigen. § 33 EStG solle den Fällen Rechnung tragen, in denen das Existenzminimum des § 32a Abs. 1 Nr. 1 EStG durch außergewöhnliche Umstände im Bereich der privaten Lebensführung höher liege als im Normalfall.
Das FG gab der Klage statt. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Die Zivilprozesskosten i.H.v. insgesamt 2.059 € waren als außergewöhnliche Belastung i.S.v. § 33 EStG zu berücksichtigen.
Nach dem BFH-Urteil vom 12.5.2011 können Zivilprozesskosten - in Änderung der bis dato ständigen Rechtsprechung - unabhängig vom Gegenstand des Prozesses aus rechtlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Dieser Ansicht schließt sich der erkennende Senat an. Dem zwischenzeitlich ergangenen anders lautenden Urteil des FG Düsseldorf vom 11.2.2014 (Az.: 13 K 3724/12 E) folgt er hingegen nicht.
Der Klägerin waren die streitgegenständlichen Aufwendungen aus rechtlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Sie hatte sich auch nicht mutwillig oder leichtfertig auf das Zivilverfahren eingelassen. Die Kosten stellten sich vielmehr als unausweichlich dar, da die Rechtsverfolgung aus der Sicht eines verständigen Dritten hinreichende Aussicht auf Erfolg geboten hatte. Dafür sprach bereits, dass die Klägerin im Beschwerdeverfahren weit überwiegend Erfolg gehabt hatte (76 % zu 24 %).
Der Zwangsläufigkeit der Aufwendungen stand zudem nicht entgegen, dass die Klägerin aufgrund der Insolvenz ihres geschiedenen Ehemannes letztlich die gesamten Rechtsanwaltskosten und auch die auf ihren geschiedenen Ehemann entfallenden Gerichtskosten (Zweitschuldnerhaftung) tragen musste. Denn auch insoweit hatte sich letztlich das jedem Verfahren innewohnende Prozess- bzw. Kostenrisiko realisiert. Dieser Umstand führte nicht dazu, dass die hinreichende Erfolgsaussicht (teilweise) rückwirkend entfiel. Letztlich waren auch die sonstigen Tatbestandsvoraussetzungen des § 33 Abs. 1 u. 2 EStG erfüllt.
Linkhinweis:
-
Der Volltext des Urteils ist erhältlich unter www.nrwe.de - Rechtsprechungsdatenbank des Landes NRW.
- Um direkt zu dem Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.